Aserbaidschan startet Militäreinsatz gegen Berg-Karabach

von Redaktion

Die Spannungen waren nie weg, jetzt will Baku Fakten schaffen – Droht ein neuer Krieg in der Konfliktregion?

Baku/Eriwan – Im Südkaukasus hat Aserbaidschan einen Militäreinsatz zur Eroberung der Konfliktregion Berg-Karabach gestartet. Das Verteidigungsministerium der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik sprach am Dienstag von einer „Antiterroroperation lokalen Charakters zur Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung“ in der Region. Man wolle den Rückzug armenischer Truppen aus dem Gebiet durchsetzen. Es werde nur auf militärische Ziele geschossen. Zuvor seien eigene Stellungen von armenischer Artillerie angegriffen und Soldaten verletzt worden.

Stellen vor Ort meldeten indes tote und verletzte Zivilisten. „Mit Stand 20.00 Uhr gibt es 25 Opfer, darunter zwei Zivilisten, als Folge des umfassenden Terrorangriffs durch Aserbaidschan“, schrieb der Menschenrechtsbeauftragte der international nicht anerkannten Republik Berg-Karabach, Gegam Stepanjan, auf X.

Anwohner der Gebietshauptstadt Stepanakert verbreiteten Aufnahmen, die den Beschuss von Wohnhäusern zeigen. In den Vierteln gebe es keine militärischen Objekte, klagen sie. Der frühere Regierungschef von Berg-Karabach, Ruben Wardanjan, berichtete auf seinem Telegram-Kanal von massivem Artilleriefeuer auf das gesamte Gebiet.

Zugleich wies die Führung der Konfliktregion um die Hauptstadt Stepanakert die Anschuldigungen aus Baku zurück. Der Vorwurf, die Feuerpause gebrochen und zwei aserbaidschanische Soldaten verletzt zu haben, sei „erlogen“, hieß es.

Das christlich-orthodoxe Armenien und das muslimische Aserbaidschan sind seit Langem verfeindet. Größter Streitpunkt zwischen Eriwan und Baku ist die Enklave Berg-Karabach, die auf aserbaidschanischem Gebiet liegt, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Nach einem Krieg Anfang der 1990er- Jahre hatte Armenien die Oberhand. In einem zweiten Krieg 2020 siegte das hochgerüstete Aserbaidschan, eroberte Territorium zurück und besetzte danach auch etwa 150 Quadratkilometer armenisches Staatsgebiet.

Der Konflikt ist auch deshalb brisant, weil er Russland als Schutzmacht Armeniens und die Türkei als Unterstützer Aserbaidschans betrifft. Der Militärexperte Marcus Keupp schrieb bei X, offensichtlich nutze Aserbaidschan die aktuelle Schwäche der Russen, um in Berg-Karabach Fakten zu schaffen. Tatsächlich äußerte das Außenamt in Moskau nur „tiefe Besorgnis“ und rief beide Seiten zur Deeskalation auf.

Dabei hatte Armenien zuvor Russland und den UN-Sicherheitsrat zu Maßnahmen aufgerufen. Es seien „klare und eindeutige Schritte zur Beendigung der aserbaidschanischen Aggression“ nötig, erklärte das Außenministerium in Eriwan. Regierungschef Nikol Paschinjan sagte, Aserbaidschan strebe die Vertreibung der Armenier aus Berg-Karabach an. „Aserbaidschan hat faktisch eine Bodenoperation zur ethnischen Säuberung Berg-Karabachs von Armeniern begonnen“, sagte er. Das armenische Militär sei derzeit aber nicht direkt in Kampfhandlungen involviert.

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