Aiwanger will 2025 nach Berlin wechseln

von Redaktion

FW-Chef im Umfragehoch: „Bürgerliche Koalition“ mit Union und FDP als Ziel für den Bund

München – Das neueste Video von Hubert Aiwanger ist 23 Sekunden lang und recht einfach zu verstehen. Nach seiner Bierzeltrede bei Altötting ließ der Freie-Wähler-Chef einen Mitarbeiter abfilmen, wie das Publikum aufsteht und rhythmisch klatscht. Kein Text, nur Beifall und begeisterte Pfiffe, so hat es Aiwanger ins Internet gestellt. Subtext: Schaut’s alle her, es läuft super für mich.

Das Hoch des Niederbayern hält gut zwei Wochen vor der Landtagswahl an. In den Zelten, in den Umfragen von stabil 17 Prozent, und in den Medien. In einer Serie von Interviews legt Aiwanger derzeit selbstbewusst seine Botschaften dar und nährt den Vorwurf, die Affäre um Flugblätter und angebliche Hitler-Grüße in der Schule seien eine Kampagne gegen ihn gewesen. „Die Geschichte nervt die Menschen mittlerweile, was war vor fast 40 Jahren an der Schule“, sagt er.

Jetzt formuliert Aiwanger auch klar, was er nach der Wahl plant. Der „PNP“ sagte er, er wolle in Bayern „wieder Wirtschaftsminister werden“. 2025 bei der Bundestagswahl erwäge er dann den Wechsel in die Bundespolitik. „Wenn ich in Berlin mehr für Bayern bewegen kann als von München aus, würde ich auch nach Berlin gehen.“ Er wolle eine „bürgerliche Koalition“ mit Union und FDP.

2017 und 2021 war Aiwanger Spitzenkandidat der Partei. Über seine Ergebnisse (1,0 / 2,4 Prozent) zu schmunzeln, wäre verfehlt. Wichtiger war der Sprung über die Hürde zur Parteienfinanzierung, an der die Freien Wähler kräftig teilhaben. Das ermöglicht den Aufbau vieler Landesverbände. Unter anderem in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Hessen erzielt die Partei beachtliche Ergebnisse. 2025 ist der Sprung in den Bundestag nicht ausgeschlossen. 3,5 Prozent sieht Insa aktuell.

In der CSU-Spitze gibt es keinen Konsens, ob man sich ein Regieren mit Aiwanger in Berlin vorstellen könne. Viele Christsoziale in der Landespolitik treibt ohnmächtige Wut über den Koalitionspartner um. Aiwanger nutzt seinen Höhenflug auch für Attacken auf die CSU, die sich vor Monaten schon fest an ihn als Partner gebunden hat. Jene, die ihn für einen fachlich sehr schlechten Wirtschaftsminister halten, trauen sich nicht, das zu sagen; sie würden ja die eigene Regierung niedermachen. Allerdings wird genau registriert, wie deutsche Topmanager Aiwanger offenkundig meiden, unter anderem seinem Empfang bei der Automesse IAA fernblieben.

Die Hoffnung, den FW-Chef nach der Wahl aus dem Kabinett zu kegeln, ist gering. In einer Koalition entscheidet jeder Partner selbstständig, mit wem er seine Ministerien besetzt. Man werde härtestmöglich verhandeln, heißt es trotzig aus der CSU. Denkbar ist, dass Markus Söder (oder bei einem schlechten Ergebnis ein Nachfolger) demonstrativ mit SPD und Grünen nach der Wahl sondiert. Aber auch dazu ist die Stimmung der Bayern klar: Die Mehrheit will keine andere Koalition. Und für ein Zweierbündnis mit der FDP, falls sie doch reinkommt, reichen die Zahlen bisher bei Weitem nicht. Also weiter bürgerlich mit FW – auch wenn die Stimmung ruppiger werden dürfte.

Was Aiwanger gefährlich werden könnte, ist nur ein Putsch der Freien Wähler. Das ist nicht in Sicht – der Umfrage-Höhenflug hebt die Stimmung und die Aussicht, dass ein vierter Ministerposten und noch irgendein Staatssekretär in Bayern zu verteilen sind. CHR. DEUTSCHLÄNDER

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