München – Markus Söder liest fast nie Reden ab, selten hat er ein Manuskript, meistens reicht ein Zettel mit wilden Notizen. Für seine Parteitagsrede vor fast genau zwei Jahren hatte er sich ein Wort in Großbuchstaben aufgeschrieben: „ERNST“. Das passte damals sehr gut. Heute wieder.
Wenn am Samstagvormittag die CSU sich erneut zum Parteitag trifft, ist die Lage mindestens so ernst wie vor zwei Jahren. Wieder steht eine Wahl kurz bevor, wieder sind die Umfragen für die CSU nicht gut, 36 bis 38 Prozent waren es in den letzten Wochen. Und wieder wird Söder versuchen, mit einem wuchtigen Auftritt die Stimmung zu drehen, die Basis zu motivieren.
Die Rede des Parteichefs ist der Mittelpunkt des ungefähr fünfstündigen Delegiertentreffens in München. Klartext zur Migration, harte Punkte auf allen Politikfeldern, Attacken auf die Gegner und sicher auch ein Rempler gegen den Partner Freie Wähler, vor allem nach der Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger – das ist im Vorfeld zu erwarten.
Für Söder spannend wird es am Mittag. Da steht die Neuwahl des gesamten Parteivorstands an. Die Führung tritt unverändert wieder an, auch er hat keinen Gegenkandidaten. Die Nachricht wird deshalb wohl im genauen Ergebnis liegen: über oder unter 90 Prozent könnte eine Messlatte sein. Letztes Mal holte Söder in seiner Partei 87,6 Prozent, er nahm das ohne größere Regung hin. In den Jahren zuvor waren es 91,3 sowie 87,4 Prozent gewesen. Üblicherweise ist die CSU bei Parteitagen kurz vor wichtigen Wahlen sehr diszipliniert, allerdings wird geheim und schriftlich abgestimmt, nicht per Handheben wie bei seiner Ausrufung zum Spitzenkandidaten im Mai.
Erfahrene Köpfe erwarten einen absolut harmonischen Verlauf in der Messehalle. Man werde „die Geschlossenheit der CSU demonstrieren“, sagt der Ex-Vorsitzende Erwin Huber. Der Parteitag werde Söders enormen Einsatz „durch ein sehr gutes Wahlergebnis honorieren“. Wissenschaftsminister Markus Blume, der als Generalsekretär noch den 2021er-Parteitag organisierte, spricht von einem „starken Signal der Entschlossenheit“, das Rückenwind für den Endspurt gebe.
Die fünf Parteivizes bleiben wohl ebenfalls im Amt. Letztes Mal erhielten Manfred Weber (94 Prozent), Katrin Albsteiger (86), Angelika Niebler (84), Melanie Huml (81) und Dorothee Bär (knapp 70) auffällig unterschiedliche Resultate. Etwas knapper wird es bei den zwei Dutzend weiteren Posten für den Vorstand, da gibt es voraussichtlich vier Kandidaten mehr als freie Plätze.
Zum Abschluss des Parteitags, der aus Kostengründen kompakt und ohne Übernachtungen organisiert ist, tritt Friedrich Merz vor die Delegierten. Schwerpunkt seiner Rede: Bundespolitik und Rückendeckung für Söder. Der CDU-Chef war auch beim Parteitag 2021 vor Ort; damals war das allerdings noch Armin Laschet. cd