Berlin – Bei der letzten Europawahl schnitten die Sozialdemokraten so schlecht ab wie nie. Trotzdem soll für die deutsche SPD die Spitzenkandidatin von damals ran: Katarina Barley. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments soll die SPD in die Europawahl 2024 führen. Die 54-Jährige wurde am Montag einstimmig vom Parteipräsidium nominiert. „Du bist eine überzeugte Europäerin, eine leidenschaftliche Europäerin“, sagte Parteichef Lars Klingbeil.
Er betonte, die Europawahl werde eine Richtungsentscheidung. „Europa ist unter Druck geraten in den letzten Jahren“, sagte er. Es gebe Angriffe von Rechtspopulisten, Rechtsextremen und manchmal auch Konservativen auf die europäischen Werte. Barley selbst warnte vor einem Ruck nach rechts. Die politische Auseinandersetzung werde immer greller, Vernunft und Anstand spielten eine immer geringere Rolle. Europa aber brauche genau das Gegenteil. Die SPD stehe immer fest an der Seite der Demokratie, versicherte sie.
Kanzler Olaf Scholz betonte: „Europa ist wichtig für Frieden und Sicherheit.“ Deshalb sei es so zentral, dass man sich auf die europäischen Institutionen verlassen könne. Dafür stehe Barley. „Wir kämpfen um jede einzelne Stimme“, so Scholz.
Juristin Barley trat auch bei der Europawahl 2019 als deutsche Nummer eins für die SPD an. Damals erzielten die Sozialdemokraten mit 15,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten.
In Brüssel und Straßburg agierte Barley in den vergangenen vier Jahren recht geräuschlos. Als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments ist sie automatisch Mitglied des Präsidiums, das über finanzielle, organisatorische und administrative Fragen entscheidet. Darüber hinaus kann sie von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola beauftragt werden, das Parlament bei offiziellen Anlässen zu vertreten.
Politisch setzte sich die 54-Jährige in ihrer Amtszeit für ein entschlossenes Vorgehen gegen Verstöße gegen die EU-Rechtsstaatlichkeit ein. So fordert sie einen harten Kurs gegen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, dem vorgeworfen wird, die Medienfreiheit in seinem Land einzuschränken.
Den CSU-Europapolitiker und Chef der christdemokratischen europäischen Parteienfamilie, Manfred Weber, kritisierte Barley zuletzt mehrfach für dessen Gesprächsbereitschaft mit rechten Politikern.
Die zweifache Mutter ist seit 1994 Mitglied der SPD. Sie arbeitete erst als Juristin, bis sie 2013 in den Bundestag einzog. Danach ging die Politik-Karriere schnell: Generalsekretärin, Ministerin in mehreren Ressorts. Sie hat sich selbst mal als Allzweckwaffe der SPD bezeichnet. 2019 war sie die Erste in der Bundesregierung, die für eine Europa-Spitzenkandidatur ein Ministeramt aufgab.