Nancy Faeser kommt derzeit nicht zu kurz, was öffentliche Aufmerksamkeit angeht. Die Bundesinnenministerin füllt die Schlagzeilen-Seiten, wird vor Ausschüsse geladen und geht hart gegen Rechtsextremisten vor. Dass sich all diese Spektakel ausgerechnet kurz vor der Hessen-Wahl abspielen, ist wohl eher kein Zufall.
Denn Faeser leitet nicht nur ein riesiges Ampel-Ministerium, sie befindet sich gleichzeitig als SPD-Spitzenkandidatin in der heißen Phase des hessischen Wahlkampfs – und wird damit auch zur Zielscheibe. Natürlich hat die Union jedes Recht, die Versetzung des ehemaligen Chefs der Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, zu hinterfragen. Aber die Härte, mit der CDU und CSU der Ministerin den Mobbing-Vorwurf nachtragen, fällt schon auf. Und da Faeser angesichts steigender Migrantenzahlen und sinkender persönlicher Umfragewerte gerade auch sonst nicht den besten Stand hat, kommt es der Ministerin andererseits wohl nicht ungelegen, genau jetzt öffentlichkeitswirksam eine rechte Sekte hochgehen lassen zu können.
Politik war schon immer auch das Spiel mit den Medien und der Aufmerksamkeit. Wer es nicht beherrscht, hat schlechte Chancen. Doch zeigt gerade dieser Fall, wie aufreibend es sein kann, wenn Parteien Mitglieder der Bundesregierung zu landespolitischen Wahlkämpfern machen. Ganz besonders, wenn es sich um die Leiterin eines Schlüsselressorts handelt, und das Land in mehreren Krisen steckt, sollten die Prioritäten klarer sein.
Sebastian.Horsch@ovb.net