Berg-Karabach beschließt Auflösung

von Redaktion

65 000 Menschen sind geflohen – Kreml zeigt kein Verständnis

Stepanakert – Die Regierung der international nicht anerkannten Republik Arzach (Berg-Karabach) hat nach der Niederlage gegen Aserbaidschan die Auflösung aller Behörden bis 1. Januar 2024 beschlossen. Das berichteten armenische Medien unter Berufung auf ein von Regierungschef Samwel Schachramanjan unterzeichnetes Dokument. „Dann beendet auch die Republik Berg-Karabach (Arzach) ihr Bestehen“, hieß es weiter. Die Entscheidung ziele darauf ab, die Sicherheit der Bevölkerung zu schützen. Die Auflösung war Teil der Kapitulationsbedingungen.

Die Region ist seit Jahrzehnten zwischen den Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Armenien umstritten. In den 1990er-Jahren konnte sich das auf aserbaidschanischem Gebiet liegende, aber mehrheitlich von Armeniern bewohnte Berg-Karabach mithilfe Eriwans in einem blutigen Bürgerkrieg von Baku loslösen. Die Revanche gelang dem autoritär geführten Aserbaidschan 2020, als es große Teile Berg-Karabachs zurückeroberte. Nach kurzen heftigen Angriffen in der vergangenen Woche konnte es das Gebiet vollständig erobern.

Als Konsequenz daraus hat eine Massenflucht der Armenier eingesetzt, die Gewalt und Verfolgung durch die Sieger befürchten. Inzwischen sind 65 000 Menschen ins Mutterland Armenien geflüchtet. Weitere Zwangsumsiedler sind auf dem Weg. Experten erwarten, dass praktisch alle in Berg-Karabach lebenden Armenier die Region verlassen. Offiziellen Angaben zufolge waren das zuletzt 120 000 Menschen.

Armeniens Schutzmacht Russland reagierte verständnislos. Es gebe keinen „direkten Grund“ für die Flucht, sagte Dmitri Peskow gestern. Darum lasse sich auch kaum sagen, wer schuld daran sei. Die Ereignisse belasten auch die Beziehungen zwischen Armenien und Russland. Eigentlich galt seit 2020 ein Waffenstillstand in Berg-Karabach, der von russischen Truppen überwacht werden sollte. Laut der Regierung in Eriwan ist Moskau seiner Überwachungs- und Schutzfunktion nicht nachgekommen.

Artikel 4 von 11