Aufatmen in Washington, zittern in Kiew

von Redaktion

Shutdown abgewendet: US-Parteien einigen sich auf Übergangshaushalt – ohne weitere Ukraine-Hilfen

Washington – Streitigkeiten der beiden großen Parteien um das Haushaltsbudget haben in den USA eine lange Tradition. Dabei schwebt stets eine Gefahr wie ein Damoklesschwert über dem Tauziehen ums Geld: Dass es einen „Shutdown“ gibt, also eine teilweise Stilllegung der Regierungsgeschäfte mit drastischen Folgen. Nun ist am Samstagabend in allerletzter Minute ein solches Szenario, das eigentlich unvermeidbar schien, doch noch vermieden worden.

Sowohl das Repräsentantenhaus wie auch der Senat einigten sich überraschend auf ein Übergangsbudget, das zumindest bis zum 17. November den Regierungsetat sicherstellt. Die harschesten Konsequenzen – etwa ein Einfrieren der Gehälter von Militärangehörigen oder von Hilfszahlungen für sozial schwache Familien – sind also vorerst aufgeschoben.

Die Last-Minute-Einigung könnte nun mit persönlichen Folgen für Kevin McCarthy, den Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus, einhergehen. Denn dieser hatte am Ende den weit rechts stehenden Flügel seiner Partei ignoriert, der beispielsweise im Budget höhere Ausgaben für die Grenzsicherung angesichts der Migrantenkrise und generelle Ausgabenkürzungen gefordert hatte. Stattdessen hatte McCarthy Gemeinsamkeiten mit den Demokraten gesucht, was dann auch zu einem 335:91-Votum und der Besonderheit führte, dass alle bis auf einen Demokraten für den Entwurf der Republikaner-Führung stimmten. Wenig später verabschiedete auch der Senat die Maßnahme mit 88 zu 9 Stimmen.

Unmittelbar nach dem Votum ließen bereits mehrere Republikaner durchblicken, dass sie die Fraktionsführung von McCarthy infrage stellen wollen. Einige Parlamentarier warfen ihm „Kapitulation gegenüber den Demokraten“ vor. McCarthy verteidigte sein Verhalten mit den Worten, es sei „einfach, ein Konservativer zu sein, der nichts tun wolle“. Er glaube jedoch, dass das Land an Konservativen interessiert sei, die „effizient“ arbeiten würden.

Einer der kritischen Punkte im nun verabschiedeten Zwischenhaushalt stellte die Frage der Unterstützung der Ukraine dar. Das jetzt verabschiedete Budget enthält keine der von Kiew erbetenen Zuschüsse für die Verteidigung gegen die russische Aggression. Aber sowohl Senats-Mehrheitssprecher und Demokrat Charles Schumer wie auch Minderheitssprecher Mitch McConnell sagten am Samstagabend, sie würden sich in den kommenden Wochen mit Blick auf eine Lösung bis Mitte November für Hilfszahlungen an Kiew einsetzen. US-Präsident Joe Biden sicherte der Ukraine die Unterstützung der USA zu.

Vor allem unter Republikanern, die das Geld für heimische Zwecke ausgeben wollen, sind solche Zuschüsse unbeliebt. Der demokratische Abgeordnete Mike Quigley aus Illinois hatte als Einziger seiner Partei das Budget nicht unterstützt, weil es keine Gelder für die Ukraine enthielt. „Putin darf feiern“, erklärte Quigley, „wir haben nun 45 Tage, dies zu ändern.“

Im Tauziehen um die Details der Zwischenlösung war es teilweise zu skurrilen Szenen auf dem Kapitol gekommen. So versuchten einige Demokraten, denen anfänglich der Entwurf nicht gefiel, die Abstimmung hinauszuzögern. Einer von ihnen – der Abgeordnete Jamaal Bowman aus New York – soll sogar bewusst einen Feueralarm ausgelöst haben, nur um mehr Zeit zu gewinnen. Er verteidigte sich später mit den Worten, es habe sich dabei nur um ein „Versehen“ gehandelt, als er zur Abstimmung geeilt sei. F. DIEDERICHS

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