VON MARCUS MÄCKLER
Kiews Kampf um Hilfe wird zäher, die internationale Erschöpfung sichtbarer – zuletzt bei den Vereinten Nationen, wo Präsident Selenskyj vor anderthalb Wochen nur vor halb vollem Saal sprach. Seither zeigt sich leider, dass ausgerechnet jene Staaten wackeln, die bisher zu den stärksten Unterstützern der Ukraine zählten: Polen, das keine weiteren Waffenzusagen mehr machen will; die Slowakei, die bald von den prorussischen Linkspopulisten regiert werden könnte; und in Ansätzen auch die USA, wo sich die Republikaner ihr Ja zum Haushalt nur dadurch abringen ließen, dass er keine neuen Ukraine-Hilfen enthält.
Der große Solidaritätsbruch ist all das sicher (noch) nicht, aber die Alarmglocken sollten trotzdem schrillen. Denn in Moskau wird man solche Signale als Beweis dafür nehmen, dass der Atem des Westens doch nicht so lang ist, wie manche denken. Wladimir Putins Absicht ist es, den Krieg, den er auf schnellem Wege nicht gewinnen konnte, so lange fortzusetzen, bis auch die hartnäckigsten Unterstützer Kiews nicht mehr können – oder wollen. Für ihn war dieses Wochenende leider Gottes ein gutes.
Das sollte eine Warnung sein: Es ist nicht auszuschließen, dass gerade die für Kiew lebenswichtige Unterstützung aus den USA abrupt endet, sollten die Republikaner nächstes Jahr ans Ruder kommen, schlimmstenfalls mit Donald Trump an der Spitze. Europa muss auf diesen Katastrophenfall vorbereitet sein und zugleich die eigenen Reihen geschlossen halten. Gut möglich, dass uns die wahre Bewährungsprobe in diesem schrecklichen Krieg noch bevorsteht.
Marcus.Maeckler@ovb.net