„Mit Ihnen nicht“: Klare Kante beim letzten Duell

von Redaktion

CSU-Chef und Oppositionsführer gestern Abend im BR-Streitgespräch – Viel Biss, wenig Neues

München – Das Duell läuft noch keine zwei Minuten, da wird Ludwig Hartmann bereits recht grantig. Er wendet sich nach rechts, schaut Markus Söder an. „Glauben Sie sich selber noch, was Sie erzählen?“, faucht er, „welche Verbote, welche Umerziehung“ seien es denn, die der CSU-Chef den Grünen dauernd vorwerfe? Damit ist klar – es wird kein freundlicher Plausch, sondern ein Duell von Regierungschef und seinem wichtigsten Herausforderer. Sie nähern sich keinen Zentimeter an im BR-Live-Gespräch am Dienstagabend.

Wie auch. Die Positionen sind klar. Die Grünen wissen, dass die CSU ihr Hauptgegner ist, eine Juniorpartnerschaft mit eben dieser CSU aber ihre einzige Machtoption derzeit. Söder schließt das jeden Tag aufs Neue kategorisch aus. „Definitiv nicht“, sagt er abermals. Es sei „ganz wichtig, dass wir nicht an der Ampel dranhängen, sondern eigenständig entscheiden können“. Er meint die Grünen damit, die anderen Ampel-Parteien SPD (falls es mit ihr reichen würde) und FDP (falls sie überhaupt in den Landtag einzieht) dürfen sich mit angesprochen fühlen.

Ein Larifari-Duell war von beiden eh nicht zu erwarten. Der betont staatsmännisch auftretende Söder wie der sehr kämpferische Hartmann nehmen den Live-Auftritt vor Hunderttausenden ernst; wie schon das Print-Duell Mitte September in unserer Zeitung, als der CSU-Chef den Grünen das „Bayern-Gen“ absprach und wütende Reaktionen provozierte. Vor dem BR-Auftritt aus dem Studio in Nürnberg wurde dem Vernehmen nach energisch diskutiert, ob Co-Spitzenkandidatin Katharina Schulze gegen Söder antreten soll. Die CSU lehnte das ab – Schulze kann wegen der 40er-Altersgrenze 2023 nicht Ministerpräsidentin werden.

Inhaltlich liegt ein Schwerpunkt diesmal auf Migration, seit einigen Wochen ist dies das zentrale Thema des Bayern-Wahlkampfs. Hartmann mag da lieber über die Fachkräfte-Zuwanderung reden. Und darüber, Flüchtlinge schnellstmöglich in Arbeit zu bringen, auch als Mittel gegen den Fachkräftemangel. Söder zieht sofort klar: Es brauche „eine Wende bei der Migrationspolitik, effektiven Grenzschutz, keine Sonderaufnahme-, sondern Rückführungsprogramme“. Er spricht sich auch klar gegen Bürgergeld für Flüchtlinge aus (das betrifft die Ukrainer). Und kritisiert insgesamt das Bürgergeld als zu hoch. Was Hartmann erzürnt, dass hier „Neid über die Schwächsten ausgeschüttet“ werde.

Im fast 70-minütigen Duell wird es phasenweise lebhaft. Und bunt in der Themenauswahl. Es ist ja nicht leicht zu steuern, oft wird in der landespolitischen Debatte auf die Berliner Ebene ausgewichen. Übers Heizgesetz redet Söder gern, über die fatale Gas-Abhängigkeit lieber Hartmann, über die Umfragewerte keiner. Und unterbrechen lässt sich ebenfalls niemand. Für Landespolitik, wenn auch nicht für neue Argumente, ist immerhin noch Raum beim Streit um schnelleren Windkraft-Ausbau. Hier kommt die grüne Kritik an schleppender Realisierung und das schwarze Selbstlob, Bayern stehe beim Zubau Erneuerbarer an der Spitze.

Für beide ist es wohl letzte direkte Aufeinandertreffen vor dem Wahlsonntag. Die laufende Woche wird vom Wahlkampf-Finale geprägt, die Grünen planen für Donnerstag am Odeonsplatz in München den „Höhepunkt“ ihrer Kampagne, unter anderem reist die Bundespolitikerin Claudia Roth an. Die CSU holt sich am Freitagabend Hendrik Wüst für eine letzte Kundgebung in den Löwenbräukeller. Heute Abend treffen zudem die Spitzenkandidaten von SPD, FW, FDP und AfD im BR live aufeinander. CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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