Je heftiger die Migration in Deutschland und anderen EU-Staaten wieder diskutiert wird, umso größer werden die Hoffnungen, die in das Flüchtlingsabkommen mit Tunesien projiziert werden. Dieser Deal, sich mit europäischen Steuergeldern das Verhindern von Migration zu erkaufen, soll die Blaupause für weitere derartige Bündnisse mit Ländern aus der Region werden.
Doch schon ehe die Details des Pakts stehen, entpuppt sich das Vorbild als abschreckendes Beispiel. Der tunesische Präsident Kais Saied pokert noch skrupelloser als Recep Tayyip Erdogan um die EU-Zahlungen, tut die ersten 127 Millionen von insgesamt 900 Millionen Euro als „Almosen“ ab. Vor diesem Hintergrund wirkt es plausibel, dass auch die jüngste Fluchtwelle aus Tunesien von Saied gesteuert wurde, um Druck auf Brüssel zu erzeugen: „Stattet eure Almosen gefälligst noch ein bisschen großzügiger aus!“ Saied lässt Flüchtlinge in der Wüste aussetzen und verdursten. Er lässt Oppositionelle verhaften und zertrampelt das einzige Pflänzchen der Demokratie, das der Arabische Frühling sprießen ließ. Er drängt andersdenkende Tunesier zur Flucht, wenn sie nicht in seinen Gefängnissen versauern wollen. Kurz: Saied ist ein Teil des Flüchtlingsproblems, ganz gewiss nicht seine Lösung.
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