Selenskyjs bitterer Kampf um Unterstützung

von Redaktion

Ärger in der Ampel: Scholz will weiter keine Taurus liefern – Blutiger Angriff überschattet Europa-Gipfel

Granada/Berlin – Um Unterstützung für sein Land zu werben, ist mittlerweile eine schwierige Mission für den ukrainischen Präsidenten geworden. Auf die Forderungen des von Russland angegriffenen Landes reagieren immer mehr Staats- und Regierungschefs in Europa verhalten.

Wohl auch deswegen rief Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag beim Europa-Gipfel im spanischen Granada zu Geschlossenheit gegenüber dem Aggressor Russland auf. „Die größte Herausforderung für uns besteht darin, Einigkeit in Europa zu wahren“, sagte Selenskyj, der extra zum Gipfel anreiste. Zu dem Gipfel waren zudem Staats- und Regierungschefs aus 50 Ländern gekommen.

Selenskyj warnte dabei vor einem Waffenstillstand und einem Einfrieren des Konflikts in seinem Land. Wenn Russland jetzt eine Pause bekomme, dann werde es bereits 2028 sein bisher durch den Krieg verbrauchtes militärisches Potenzial wiedererlangt haben. In seinem Expansionsdrang werde der Angreifer Russland dann „stark genug sein, andere Länder anzugreifen“, sagte der ukrainische Präsident. Besondere Gefahr sieht der Ukrainer demnach vor allem für die baltischen Staaten, die ebenfalls einst Teil der Sowjetunion waren und jetzt der Nato und EU angehören.

Trotz eindringlicher Bitten der Ukraine bleibt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorerst bei seinem inoffiziellen Nein („es gibt keinen neuen Sachstand mitzuteilen“) zu einer Lieferung der Taurus-Marschflugkörper. Stattdessen sagte er Selenskyj in Granada ein weiteres Patriot-Flugabwehrsystem für die Wintermonate zu. Bei den Waffenlieferungen in die Ukraine müsse beachtet werden, „was uns die Verfassung vorgibt und was unsere Handlungsmöglichkeiten sind“, sagte Scholz zu den Gründen für seine Taurus-Entscheidung. „Dazu zählt ganz besonders die Tatsache, dass wir selbstverständlich gewährleisten müssen, dass es keine Eskalation des Krieges gibt und dass auch Deutschland nicht Teil der Auseinandersetzung wird.“

Aus den Reihen der Koalitionspartner Grüne und FDP wurde Scholz scharf kritisiert. Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter sprach von einem „verheerenden Signal“ an Moskau. Mangelnde Entschlossenheit und zähe Diskussionen über Waffensysteme bestärkten Russland nur in der Ansicht, den Krieg auf lange Sicht gewinnen zu können, sagte er im Deutschlandfunk.

Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann warf Scholz auf dem Nachrichtendienst X (ehemals Twitter) „fortwährendes Zaudern mit fragwürdigen Argumenten“ vor. Das Verhalten des Kanzlers sei „unfassbar“. „Trotz gehört in den Kindergarten, nicht ins Kanzleramt“, schrieb sie weiter. Aus der CDU/CSU wurde der Kanzler als „Totalausfall“ bezeichnet.

Unterdessen wurde der Europa-Gipfel von einem der blutigsten Angriffe im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine überschattet. Im ost-ukrainischen Gebiet Charkiw starben Behördenangaben zufolge mindestens 51 Menschen durch russischen Beschuss.

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