Lindner auf Rettungsmission

von Redaktion

Zittern, aber nicht verzagen: Bei ihrer Schlusskundgebung machen sich die Liberalen Mut

München – Martin Hagen kann es sich nicht leisten, erschöpft zu wirken. Der FDP-Spitzenkandidat muss auf den letzten Metern alles rausholen – deshalb wird er am Freitagabend auch etwas lauter, als er auf dem Münchner Odeonsplatz in die Menge ruft: „Die Umfragen zeigen, es ist noch nichts gelaufen!“

Damit meint Hagen, dass noch immer viele Wähler nicht wissen, bei wem sie am Sonntag ihr Kreuz machen wollen. Wenn man ehrlich ist, sehen die Umfragen für die FDP aber schlecht aus: Sie bewegen sich bei drei bis vier Prozent. Und wenn man noch ehrlicher ist, wirkt Martin Hagen doch ziemlich erschöpft.

Das mag einerseits an der Grundfrustration in der Partei liegen, denn der Wiedereinzug in den Landtag steht zwei Tage vor der Bayern-Wahl noch völlig in den Sternen. Andererseits saß Hagen schon um sechs Uhr morgens im Münchner Studio des ZDF-Morgenmagazins und appellierte tapfer an Unentschlossene. Danach ging es zum Wahlkampf nach Bamberg, Erlangen, wieder München. Unterstützung gab es bei der 463 Kilometer langen Bayern-Tour von FDP-Chef Christian Lindner. Vielleicht kann er mit seiner Berliner Prominenz etwas retten, hoffen die Liberalen.

Tatsächlich tummeln sich einige hundert Menschen neugierig auf dem Odeonsplatz, als der Bundesfinanzminister die Bühne betritt. „Das ist ja durchaus ein besonderer Wahlkampf hier in Bayern“, sagt er. „Der Ministerpräsident hat es ja weitgehend vermieden, über Inhalte zu reden.“ Söder habe immerzu nur nach Berlin geschaut und sich „an der Ampel abgearbeitet.“ Wie besonders Bayerns Wahlkampf für Lindner in Wahrheit ist, lässt sich aber bezweifeln: Denn exakt die gleichen Worte fand er tags zuvor für Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein, wo er ebenfalls den Wahlkampfendspurt einläutete. Auch dort muss die FDP um den Wiedereinzug ins Parlament bangen.

Der bayerischen FDP ist es seit 1978 nicht mehr gelungen, im Landtag zu bleiben. Sie ist mal draußen, mal drinnen – und dann wieder draußen. Nach dem Turnus wäre nun Draußen-Saison.

Ob Lindner das an diesem Abend am Odeonsplatz verhindern kann? Denn die Schuld für die miesen Umfragewerte sucht man im Landesverband eher in Berlin. Die Wähler seien schlicht unzufrieden mit dem Gesamteindruck der Ampel, klagte Hagen erst kürzlich. Die Bundes-FDP nimmt er aber am Freitag in Schutz. Lindner sorge in der Ampel dafür, dass die Politik „in der Mitte bleibe“, sagt er. „Es ist besser, für das Richtige zu streiten, als zum Falschen Ja und Amen zusagen“ – was etwas so klingt wie Lindners Jamaika-Rückzug von 2017, als es besser war, „gar nicht zu regieren, als falsch zu regieren“. KATHRIN BRAUN

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