München – Es war das erklärte Ziel von FW-Spitzenkandidat Hubert Aiwanger, die AfD möglichst klein zu halten. Das sorgte im Wahlkampf für einige spektakuläre Auftritte Aiwangers, hitzige Debatten und auch Koalitionskrisen – die dem Freie-Wähler-Chef aber nicht nachhaltig geschadet haben. Aber die AFD stoppen konnte er damit auch nicht. Denn auch die Freien Wähler haben Stimmen an die Rechtspopulisten verloren – immerhin 50 000 an der Zahl. Dafür dürfte Aiwanger eine andere Zahl erfreuen: Er saugte der CSU von Markus Söder 120 000 Wähler ab.
Die CSU hat die Wahl zwar gewonnen, aber trotzdem dürften die Alarmglocken schrillen. Denn der Trend, der sich schon bei der Landtagswahl 2018 gezeigt hat, setzt sich fort. Der CSU scheint scheibchenweise die Stammkundschaft abhandenzukommen. Erneut wanderten 100 000 Wähler zur AfD ab (2018: 180 000) sowie weitere 120 000 zu den Freien Wählern (2018: 170 000). Im Boxen sagt man dazu Leberhaken. Der ist nicht nur besonders schmerzhaft, sondern im Wiederholungsfall auch gefährlich. Die CSU hat zwar reichlich Überläufer aus dem eher liberalen Lager von Grünen, SPD und FDP zu verzeichnen, aber wie treu diese auf Dauer sind, das ist die Frage. Dass sich der Abwanderungstrend zur AfD fortgesetzt hat, könnte auch damit zu tun haben, dass Söder das Thema Migration im Wahlkampf erst spät anpackte.
Mit Blick auf die AfD war der Sonntag für die bayerische Staatsregierung insgesamt unerfreulich. Denn CSU und Freie Wähler sind die Hauptlieferanten mit insgesamt 150 000 Stimmen. Aber auch aus dem liberalen Lager liefen Wähler zur AfD über. Auffällig ist zudem die hohe Zahl an Nichtwählern, die die Alternative für Deutschland, die in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, mobilisieren konnte. Die AfD ist die einzige Partei, die im Saldo von allen Parteien Wähler gewann.
Die Grünen zählen zu den großen Verlierern der Wahl. Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nur noch viert- statt zweitstärkste Kraft im bayerischen Parlament. Der bundesweite Trend machte auch vor Bayern nicht halt. Die Grünen mit Spitzenkandidat Ludwig Hartmann verloren im Saldo an alle Parteien – vor allem an die CSU, aber auch an die AFD.
Über SPD und FDP gibt es nicht viel zu sagen. Die Sozialdemokraten nähern sich allmählich gefährlich der Fünf-Prozent-Hürde. Sie verloren Wähler an fast alle Parteien, vor allem an die CSU (50 000) – und hatten Glück, dass 30 000 Grünen-Wähler diesmal ihr Kreuzchen bei der SPD machten. Bei der FDP war der Dammbruch nicht mehr zu stoppen. Die Liberalen verloren 140 000 Wähler und sind aus dem Landtag raus. WOLFGANG HAUSKRECHT