Es war schon immer so: In der Stadt wählen die Menschen anders als auf dem Land. Das weiß man besonders im konservativen Bayern, wo München seit Jahrzehnten von Roten regiert wird. Spätestens mit der Landtagswahl 2018 kam noch eine starke grüne Komponente hinzu. Auch gestern feierte die zuletzt heftig ins Schlingern geratene Öko-Partei in Schwabing, Haidhausen und der Ludwigsvorstadt noch überragende Ergebnisse.
Was neu im Landtagswahlkampf 2023 war: Diese Unterschiede wurden politisch befeuert, vor allem von Hubert Aiwanger, der in den Bierzelten am Land massiv gegen die Städter wetterte. Die CSU hielt sich etwas zurück, in der Hoffnung, angesichts der grünen Schwäche vielleicht das ein oder andere Direktmandat zurückzugewinnen. Umgekehrt wollten viele Grüne und SPDler in der Stadt partout nicht verstehen, warum sich Bürgermeister über Flüchtlinge echauffieren. Auch das ist ignorant. Denn Innenstädter bekommen seltener Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft zu sehen. Kein Platz. Zu teuer.
Nichts davon sollte man verschweigen. Doch die Politik muss aufhören, einen Keil zwischen Stadt und Land zu treiben – und nur Karikaturen voneinander zu zeichnen. Münchner sind keine woken Klimakleber mit Gender-Gaga und Landbewohner keine abgehängten Trottel. Im Gegenteil: In Oberbayern ist die Zahl der Pendler zwischen beiden Welten riesig. Nach dem Wahlkampf sollte Politik vermitteln – statt zu spalten.
Mike.Schier@ovb.net