VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
Dafür passt das Wort „Zusammenraufen“: CSU und Freie Wähler, so lustvoll sie sich jüngst beschimpften, werden ab heute mit ein paar Ruckeleien, Drohungen, Verzögerungen einen neuen Koalitionsvertrag aushandeln. Den bitteren Aiwanger-Streit wird man in einer Präambel über den Wert von Demokratie und Zusammenhalt abfedern, die in jedem Wort richtig, aber beim nächsten Bierzelt-Wahlkampf wieder vergessen ist. Im Großen wird es ein Vertrag des Weiter-so sein, was berechtigt ist bei diesem Wahlergebnis: Die Bayern haben ausdrücklich gegen grüne, rote, gelbe Politik-Wenden gestimmt.
Trotzdem darf dieser Bayern-Pakt für 2023 bis 2028 in einigen Leitlinien anders sein. 2018 schlossen CSU und Freie Wähler einen Wohlfühl-Vertrag mit Versprechungen und immensen Mehrausgaben überall. Überraschend viel davon hat die Koalition eingehalten, obwohl Corona, Krieg und Krise ab 2020 die Prioritäten durcheinanderwirbelten; grob verfehlt wurden alle Ziele nur im Wohnungsbau. Der neue Vertrag kann angesichts der Finanzlage kein Wünsch-Dir-was aus allen Ressorts mehr sein. Die Koalition muss sich auf Zukunftsthemen fokussieren, dazu zählt ohne Abstriche die Hightech-Agenda. Bayern braucht mehr Staat für den Wohnungsbau und Teile der Energiepolitik (Wind, Wasser). Und viel weniger Staat und Regeln in einer endlich wuchtigen Anti-Bürokratie-Offensive etwa bei Bau, Wirtschaft und Ehrenamt.
Und: Die Koalition darf Nein sagen. In Form eines harten Kurses in der Migrationspolitik (Sachleistungen, Bezahlkarten, Arbeitspflicht, Sprachtests). Und in einer ehrlichen Bilanz, welche Großprojekte und Bauten noch leistbar sind und welche nicht. Oh ja, das wird Groll geben. Aber viele Menschen haben aktuell mehr Verständnis für harte Entscheidungen als für weiche Ankündigungen.
Christian.Deutschlaender@ovb.net