Auf der moralischen Ebene scheint es eigentlich ganz klar: Unmittelbar nach dem Hamas-Angriff auf Israel mit einem der Haupt-Geldgeber der palästinensischen Extremisten zu plaudern, wirkt wie ein Schlag ins Gesicht der 1200 israelischen Opfer. Doch die Rolle Katars im Nahost-Konflikt ist wesentlich schillernder, als es oberflächlich scheint – weshalb die Empörung einiger Unions-Abgeordneter über das Treffen des Kanzlers mit dem Emir von Katar dann doch ziemlich wohlfeil ist.
Denn dass Katar Gaza finanziert und die vom Westen geschnittene Hamas ein politisches Büro in Doha unterhält, hatte stets die Billigung der USA und sogar Israels. Denn wie schon im Konflikt mit den Taliban dient Katar dem Westen als Vermittler. Doha erfüllt damit eine wichtige Funktion, da es sowohl die Amerikaner als auch die Europäer versäumt haben, eigene Kontakte zu gewissen Teilen der arabischen Welt zu pflegen, die im Konfliktfall genutzt werden können. Wie der türkische Präsident Erdogan ist deshalb der Emir von Katar eine Schlüsselfigur, wenn es darum geht, die Leben der 150 Geiseln zu retten – und möglichst auch die unschuldigen Zivilisten in Gaza.
So bitter es ist: In der Außenpolitik kann man sich die Partner nicht nach moralischen Schönheitswettbewerben aussuchen. Niemand versteht das besser als die Israelis, die zuletzt die Annäherung an die Saudis suchten.
Klaus.Rimpel@ovb.net