München – Es gab Zeiten, da war einer wie Benjamin Nolte selbst der AfD zu radikal. 2019 flog der heute 41-Jährige aus Bayerns Parteivorstand, weil er bei einem Treffen des völkischen „Flügels“ Grenzen überschritten hatte. Er forderte die Abschaffung der Unvereinbarkeitsliste der Partei und damit die Aufnahme von NPDlern. Außerdem sang er in Greding, neben anderen, die erste Strophe des Deutschlandlieds mit: „Deutschland über alles“.
Nolte musste gehen, aber nur kurz. Wenig später wurde er wieder in den AfD-Vorstand gewählt. Künftig wird der Münchner, gewählt im Stimmkreis Weilheim, im Landtag sitzen. Intern ist ihm der Spitzname Bananen-Nolte geblieben, weil er 2009 als Burschenschaftler einer anderen Burschenschaft eine Banane überreichte. Die anderen hatten ein dunkelhäutiges Mitglied.
In der AfD ist all das gut bekannt. Wer sich ein bisschen im Flügel-kritischen Teil der Partei umhört, stößt deshalb leicht auf Ablehnung. Einer wie Nolte tue „besonders weh“, ist da zu hören. Dabei ist er in der neuen Fraktion in geneigter Gesellschaft.
32 Abgeordnete sitzen künftig für die AfD im Landtag, zuletzt waren es 17. Von der neuen Fraktion lassen sich zehn bis zwölf dem weniger rechten Lager zuschreiben, der Rest steht stramm rechtsaußen. „Der Flügel hat die klare Mehrheit“, sagt ein Parteimitglied. Neben Nolte gibt es noch andere, die, vorsichtig gesagt, einen problematischen Hintergrund mitbringen.
Da ist etwa der Franke Daniel Halemba, der gleich nach der Wahl von sich reden machte. Gegen den 22-Jährigen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Hinweisen auf Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Hintergrund ist eine Durchsuchung bei der als rechtsextremistisch geltenden Würzburger Burschenschaft „Teutonia Prag“, in der Halemba Mitglied ist.
Auch der Münchner Rechtsanwalt Rene Dierkes hat eine erwähnenswerte Vorgeschichte. Zuletzt geriet er in die Medien, weil er 150 Euro Belohnung dafür auslobte, ihm den Namen einer linken Aktivistin zu nennen. Das verstanden nicht wenige als Kopfgeld. Der BR verweist zudem auf Chats, in denen Dierkes den Parteiausschluss des Brandenburgers Andreas Kalbitz kommentiert. „Selbst, wenn er die Reinkarnation von Hitler wäre: Wer gute Partei-Arbeit leistet, gehört in die AfD!“, heißt es demnach darin.
Mit Hitler hat es vor einigen Jahren auch Elena Roon, Russlanddeutsche aus Nürnberg, in die Schlagzeilen geschafft. 2017 teilte sie in einem internen Chat dessen Konterfei und schrieb: „Vermisst seit 1945. Adolf, bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich!“ Schon damals pflegte sie Verbindungen zu rechtsextremen Kleinst-Parteien wie dem „Arminius-Bund des deutschen Volkes“. Sie flog nicht aus der AfD, verzichtete aber auf eine Bundestags-Kandidatur.
Die Landtags-Neulinge dürften sich künftig hinter Spitzenkandidatin Katrin Ebner-Steiner versammeln, die beste Verbindungen zum rechtsextremen Thüringer AfD-Chef Björn Höcke pflegt und seit jeher mit einer extremen Rhetorik auffällt. Beim Gillamoos fauchte sie etwa, Markus Söder sei der „Samenspender dieser Ampel-Missgeburt“. Solche Sätze bekommen künftig mehr Platz im Landtag, weil die AfD als Oppositionsführerin künftig als Erste auf die Regierung antworten darf.
Es gilt als ausgemacht, dass Ebner-Steiner, wie 2018, nach dem Fraktionsvorsitz greift. Neben ihr werde der Flügel allenfalls einen Strohmann aus dem Gegenlager zulassen, heißt es intern, einen mit „wenigen Truppen“ im Rücken. Die Rosenheimer Franz Bergmüller und Andreas Winhart sowie der Schwabe Gerd Mannes dürften damit rausfallen.
Ein Fraktions-Neumitglied ist noch erwähnenswert: Ramona Storm aus Unterfranken. Im Gespräch mit dem „Main-Echo“ war die 65-Jährige sich kurz vor der Wahl nicht ganz sicher, ob die Erde nicht doch flach ist. „Das kann ich nicht abschließend beurteilen“, sagte sie. M. MÄCKLER