„Jede Zeile, die ich verfasst habe, ist in meinem Gedächtnis eingeschrieben. Wollt Ihr den Text vernichten, müsst Ihr mir also den Kopf abschlagen.“ Wenige Monate, nachdem Salman Rushdie diese Sätze im Roman „Victory City“ notiert hatte, schienen sie sich aufs Schrecklichste zu bewahrheiten: Der Schriftsteller wurde 2022 Opfer eines Messerangriffs. Er überlebte nur mit viel Glück und ist seitdem auf einem Auge blind.
Es verwundert, dass der 76-Jährige den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erst jetzt erhält. Seit sein Werk „Die satanischen Verse“, eine vogelwilde, hinreißende Geschichte, 1988 erschienen ist und seit der Fatwa, die Chomeini daraufhin gegen ihn erlassen hat, ist Rushdies Leben bedroht. Trotz dieser Gefahr hat er sich jedoch stets gegen Zensur, aber auch gegen die Vereinnahmung durch jene gewehrt, die den Kampf für die Freiheit des Worts als Vehikel für ihren Muslimhass nutzen wollen.
Ja, der Friedenspreis ist eine politische Ehrung. Vergessen wir darüber aber nicht, welch großartiger Autor am Sonntag ausgezeichnet wird. Rushdie weiß um Macht und Freude des Erzählens. „Die Früchte der Lieder werden zu den Wundern der Welt“, schreibt er. Feiern und genießen wir also diese Wunder. Wir sind so frei.
Michael.Schleicher@ovb.net