Berlin – Auf einer Großkundgebung in Berlin haben am Sonntag tausende Menschen gegen Antisemitismus und für Solidarität mit Israel demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 25 000 Teilnehmern, die Polizei nannte eine Zahl von 10 000. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte bei einer Ansprache, der Schutz jüdischen Lebens sei Staatsaufgabe – „aber er ist auch Bürgerpflicht“.
Steinmeier betonte, es sei unerträglich, dass jüdische Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Schule schickten und das Berliner Holocaust-Mahnmal von der Polizei geschützt werden müsse. „Jeder einzelne Angriff auf Jüdinnen und Juden, auf jüdische Einrichtungen ist eine Schande für Deutschland.“ Israel-Hass, der sich auf den Straßen entlade, dürfe nicht geduldet werden. „Antisemitismus ist eine rote Linie.“
Viele Demonstranten hatten Tränen in den Augen, als die Angehörige Roni Roman ein Geburtstagslied für ihre Schwester anstimmte, die mit ihrem Kind von der Hamas entführt worden war. „Heute ist der Geburtstag meiner Schwester, ich stehe hier vor Ihnen alleine, ich weiß nicht, wo sie ist, ich kann sie nicht in die Arme nehmen“, sagte die Frau. „Die Zeit läuft ab für meine Schwester und mehr als 200 Menschen, die in Gaza gefangen gehalten werden.“
Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, warnte vor einer Ausbreitung des Terrors. Oft werde vor einem Flächenbrand durch den Nahostkonflikt gewarnt, sagte Prosor. Aber auch in Deutschland müsse ein Flächenbrand verhindert werden, „sonst kommt der Terror aus dem Gazastreifen auch in Deutschland an“, sagte Prosor angesichts der antisemitischen Ausschreitungen in Deutschland der vergangenen Tage.
Mehrere Politiker bekräftigten den Beistand für Israel. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte: „Es darf keine Demos geben, auf denen die Taten der Hamas gefeiert werden.“ SPD-Chefin Saskia Esken warnte aber auch vor weiteren Auswirkungen: „Wir dürfen weder in Deutschland noch in Israel zulassen, dass Rechtsradikale das Entsetzen über den Terror der Hamas in einen fundamentalen Hass gegen den Islam wenden.“
Über das Wochenende sind auch tausende Menschen in mehreren deutschen Städten zu pro-palästinensischen Demonstrationen zusammengekommen. In Berlin sind am Samstagnachmittag bis zu 3500 Menschen zusammen. In Düsseldorf versammelten sich nach Polizeiangaben rund 6900 Menschen zu einem Protestzug unter dem Motto „Verurteilung der Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung in Gaza“. Demos gab es auch in Frankfurt am Main, Hannover und Köln. Die Veranstaltungen blieben weitgehend friedlich.
Weitaus größer war der Andrang in London: Dort haben knapp 100 000 Menschen für „ein Ende des Krieges im Gazastreifen“ demonstriert. Die Menschen skandierten „Freiheit für Palästina“ und trugen palästinensische Fahnen und Plakate mit Aufschriften wie „Gaza: Stoppt das Massaker“.