Israel startet Bodenoffensive

von Redaktion

VON JÜRGEN BÄTZ UND CHRISTINA STORZ

Tel Aviv/Gaza/Genf – Israels Armee hat angekündigt, ihre Bodeneinsätze im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas auszuweiten. Das teilte Militärsprecher Daniel Hagari am späten Freitagabend mit. In den letzten Stunden habe das Militär seine Angriffe im Gazastreifen bereits verstärkt. Es würden vermehrt unterirdische Ziele und terroristische Infrastruktur angegriffen. Nach Einschätzungen aus Jordanien ist das der Beginn der weithin erwarteten Bodenoffensive des israelischen Militärs.

Medienberichte deuteten am Freitagabend auf massive israelische Bombenangriffe im Gazastreifen hin. Ein Militärsprecher teilte dazu auf Anfrage nur mit, die Streitkräfte griffen in ihrem Kampf gegen die Hamas „laufend“ Ziele im Gazastreifen an.

Nach Angaben der Palästinensischen Telekommunikationsgesellschaft fielen im Gazastreifen alle Kommunikations- und Internetdienste aus. Schuld sei die heftige Bombardierung. Die israelische Armee hatte bereits am Freitagmorgen mitgeteilt, binnen 24 Stunden mehr als 250 Ziele im Gazastreifen angegriffen zu haben. Darunter seien Tunnel der Hamas sowie Kommandozentren und Raketenabschussrampen gewesen. Palästinensische Extremisten im Gazastreifen feuerten erneut Raketen auf Israel ab, vielerorts ertönten Sirenen. Beim Einschlag einer Rakete in der Metropole Tel Aviv wurden Helfern zufolge drei Menschen verletzt. Nach Angaben Israels wurden seit Kriegsbeginn bereits mehr als 8000 Raketen aus dem Gazastreifen abgefeuert. Die allermeisten davon werden von Israels Raketenabwehrsystem abgefangen.

Die UN-Vollversammlung beschloss am Freitagabend eine Resolution zur Verbesserung der humanitären Situation und für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen. Das Papier erreichte in New York eine notwendige Zweidrittelmehrheit. 120 Länder stimmten dafür, 14 dagegen, 45 enthielten sich, darunter auch Deutschland.

Dies und die Forderung der Staats- und Regierungschefs der EU vom Donnerstagabend nach „humanitären Korridoren und Pausen für humanitäre Zwecke“ im Gazastreifen wies Israel zurück. „Israel lehnt einen humanitären Waffenstillstand derzeit ab“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Dazu zähle „jegliche Art geforderter Feuerpausen“. Die Hamas wird von EU und USA als Terrororganisation eingestuft.

Das UN-Menschenrechtsbüro wirft allerdings auch Israel Kriegsverbrechen vor. Den mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen Strom und Treibstoff vorzuenthalten, sei eine kollektive Bestrafung. „Kollektive Bestrafungen sind ein Kriegsverbrechen“, sagte die Sprecherin, Ravina Shamdasani, in Genf. Der Treibstoffmangel zwinge zur Schließung von Krankenhäusern und Bäckereien. Es mangele an sauberem Trinkwasser. „Für die 2,2 Millionen Menschen, die im Gazastreifen eingeschlossen sind und kollektiv bestraft werden, bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an“, sagte sie. Sie fügte hinzu, dass auch die Entführung von Zivilisten ein Kriegsverbrechen sei.

Die Zahl der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln ist höher als bisher von Israel angenommen. Man habe bis Freitag die Familien von 229 Geiseln informiert, sagte ein Armeesprecher. Es werde erwartet, dass die Zahl noch steigen könnte. Nach israelischen Informationen sind unter den Geiseln Bürger aus 25 Staaten, darunter Deutsche.

Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach angesichts der israelischen Angriffe in Gaza von einem „undifferenzierten Bombardement“. Frankreich erkenne den Willen und das Recht Israels vollständig an, gegen die Terroristen der Hamas zu kämpfen, und sei bereit, zu helfen. „Aber wir sind der Ansicht, dass die vollständige Blockade, das undifferenzierte Bombardement und erst recht die Aussicht auf eine massive Bodenoffensive nicht geeignet sind, die Zivilbevölkerung angemessen zu schützen“, sagte er. Auch aus den USA kamen Mahnungen zu vorsichtigem Vorgehen.

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