Der neue Landtag

Kein Ort für inszenierte Eklats

von Redaktion

VON MIKE SCHIER

Die Deutsche Presseagentur schrieb von einem „Hochfest der Demokratie“. Doch über der heutigen konstituierenden Sitzung des Landtags liegt ein Schatten. Dass ein neuer Abgeordneter – noch dazu einer, der als jüngster Volksvertreter bei der Eröffnung prominent auf dem Podium sitzen sollte – per Haftbefehl gesucht wird, ist einmalig. Und leider steht zu befürchten, dass der unschöne Vorgang nur einen Vorgeschmack auf eine noch schriller werdende Debattenkultur im Landtag liefert. Die AfD unterstellt der unabhängigen Justiz bei ihren Ermittlungen gar politische Motive – ein starkes Stück!

Landtagspräsidentin Ilse Aigner tut gut daran, von Anfang an eine klare Linie anzukündigen und härtere Strafen bei Vergehen in Aussicht zu stellen. Richtig ist auch, dass die übrigen Parteien die Posten der Vize-Präsidenten deutlich politischer besetzen. Die Grünen schicken ihren bisherigen Fraktionschef Ludwig Hartmann, die CSU entschied sich für Tobias Reiß, der auch als Kandidat fürs Kabinett galt. Im Mittelpunkt steht nicht mehr die repräsentative Aufgabe, sondern eine klare Linie, um im Parlament demokratische Regeln durchzusetzen.

Die (völlig zerstrittene) AfD hatte das Plenum in ihrer ersten Legislaturperiode mehrfach gezielt als Schauplatz für Eklats genutzt. Einer blieb demonstrativ beim Gedenken an den ermordeten Walter Lübcke in der ersten Reihe sitzen. Ein anderer trat während einer Corona-Debatte mit Gasmaske ans Rednerpult. 25 Jahre kam der Landtag ohne Rügen aus, in der letzten Periode waren es dann 25. Demokratie braucht eine harte Streitkultur. Einen Verfall der Sitten aber braucht sie sicher nicht.

Mike.Schier@ovb.net

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