München – Markus Söder will der erste sein. In der Hand den Stimmzettel, mit dem er Ilse Aigner als Präsidentin des Landtags wiederwählt, wartet er schon auf die Ankunft der Urne. Dazu ein demonstrativer Plausch mit Aigner. 1994 sind sie gemeinsam ins Parlament eingezogen, heute gehören sie zu den Dienstältesten. Es verbindet sie eine wechselhafte, keineswegs harmonische Geschichte. Aber der gestrige Tag soll ganz Aigner gehören. Söders folgt am heutigen Dienstag, wenn er wieder zum Ministerpräsidenten gewählt wird.
Aigners Ergebnis ist gut. Eine „herausragende Kämpferin für die Demokratie in Bayern“ nennt CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sie. Das sehen sie auch in den anderen Fraktionen so. 164 der 200 Abgeordneten wählen sie. Stehende Ovationen. Die AfD bleibt sitzen, aber auch bei ihr stimmen keineswegs alle mit Nein.
„Parteipolitisch neutral“ sei sie, stellt die Präsidentin in ihrer Rede klar. Aber: „Ich bin nicht ohne Haltung.“ Viele ihrer Worte zielen auf die AfD. Der Landtag sei kein „Drehort für den eigenen Social-Media-Kanal. Keine Bühne für Polit-Theater.“ Aber nicht nur. „Wo muss der Staat stark sein, weil es keine Alternative zu ihm gibt?“, fragt sie. „Und wo muss sich der Staat aus dem Leben der Menschen zurückziehen – wo muss er sich schlicht und ergreifend raushalten?“ Man darf das als freundlichen Gruß an die Grünen werten.
Die schicken einen neuen Vize ins Präsidium. Ludwig Hartmann, den bisherigen Fraktionschef. Für die CSU rückt neu Tobias Reiß auf (sogar mit noch besserem Ergebnis als Aigner), bislang Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion. Alexander Hold (FW) und Markus Rinderspacher (SPD) bleiben. Der AfD wird erneut ein Vizeposten verwehrt. Ihr Kandidat Matthias Vogler fällt in der geheimen Abstimmung erneut durch. Nicht mal alle AfD-Abgeordnete stimmen für ihn.
Auch die Geschäftsordnung wird geringfügig geändert – aber durchaus mit Wirkung. Aktuell ist die AfD stärkste Oppositionskraft, darf also immer als erste auf die Rede einer Regierungspartei antworten. Beispielsweise auf eine Regierungserklärung von Markus Söder. Bislang galt diese Reihenfolge immer für die ganze Legislaturperiode. Künftig soll sich die Rede-Reihenfolge aber an der tagesaktuellen Fraktionsgröße richten. Hintergrund: In der letzten Legislaturperiode waren etliche AfDler aus der Fraktion ausgetreten. Verlässt diesmal nur ein einziger Abgeordneter die Partei, würde sie ihren ersten Redeplatz verlieren. Erstaunlich: Die AfD stimmt zu – mit der kuriosen Begründung, man sei ohnehin die einzige Oppositionskraft im Landtag.
Aigner kündigt eine härtere Gangart an. Bei Rügen wird es bald Strafen geben. Sie werde eine „Herabwürdigung eines demokratischen Verfassungsorgans (…) auch in Zukunft nicht hinnehmen“. Die „dringende Bitte“ der Präsidentin: „Lassen Sie uns verbal abrüsten.“ MIKE SCHIER