Lindner droht mit Ampel-Ausstieg

von Redaktion

FDP-Chef: „Ich möchte nicht zu viel Zeit mit den Grünen verbringen“ – Könnte es zu einem Koalitionsbruch kommen?

München – Der Satz ist zu einer Art Slogan für Christian Lindner geworden. „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, sagte der FDP-Vorsitzende 2017 und erklärte damit Jamaika-Gespräche für gescheitert. Fünf Jahre später sind diese Worte wieder hochaktuell – doch dieses Mal sind sie eine Drohung an die Koalitionspartner in der Ampel.

„Ich möchte nicht zu viel Zeit mit den Grünen verbringen“, sagt Lindner beim Ständehaus-Treff der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf. „Das ist nicht gut fürs Karma.“ Die lauten Gedankenspiele zum Ampel-Ausstieg sollen vor allem die Partei von Vizekanzler Robert Habeck ärgern. „Es kann schon der Punkt kommen, bei dem ich sage: Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, sagt Lindner.

Der Liberale betont, es sei Aufgabe der unterschiedlichen Ampel-Parteien, permanent auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Er sieht sich nach wie vor als Teil der Koalition. „Ich verantworte das, was im Gesetzblatt steht.“ Aber: Käme es an einen Punkt, an dem vertretbare Kompromisse nicht mehr gefunden werden können, wäre die Ampel Geschichte.

Die Warnung richtet sich nicht nur an die Grünen. SPD-Chefin Saskia Esken etwa forderte kürzlich ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse. Sie begründete das mit der Vielzahl aktueller Krisen. Für Lindner ist das Thema ein rotes Tuch. Bei der Schuldenbremse duldet er keine Kompromisse – und er brauche in dieser Frage auch nicht das Wohlwollen seiner Kabinettskollegen. „Ich bin das einsamste Kabinettsmitglied, weil ich nicht immer den spendablen Onkel gebe, aber ich übe dieses Amt mit fröhlicher Penetranz aus.“

Innerparteilich dürfte Lindner mit den Sticheleien offene Türen einrennen. Kürzlich forderten 26 FDPler in einem offenen Brief das Ende der Ampel. Nach den miserablen Landtagswahlergebnissen in Hessen und Bayern rumort es in der Basis. Zwar ist unter den Unterzeichnern des Briefes kein prominenter Name zu finden, dennoch zeigt der sogenannte „Weckruf Freiheit!“, wie groß der Unmut bei den Liberalen ist.

„Wir müssen im neuen Jahr alles auf den Prüfstand stellen“, sagt FDP-Politiker Wolfgang Heubisch unserer Zeitung. „Und dazu gehört auch die Überlegung, wie viel Sinn die Ampel noch macht.“ Vor allem das Migrationsthema sorge für Vertrauensverlust in der Bevölkerung. „Wir müssen Menschen ohne Bleibeperspektive konsequent abschieben“, sagt Heubisch. Sollten die Grünen „da nicht einlenken“, müsse die FDP ihren Verbleib in der Regierung infrage stellen.

Ein Ausstieg der FDP aus der Ampel könnte zu Neuwahlen führen – daran dürften allerdings weder die Liberalen noch Grüne und SPD Interesse haben. In Umfragen stehen alle Ampel-Partner schlechter da als zu Regierungsbeginn. Auch eine Minderheitsregierung aus Rot-Grün wäre möglich. Ein weiterer Ausweg wäre eine Große Koalition mit der Union als Juniorpartner. CSU-Chef Markus Söder hat das bereits ins Spiel gebracht. KATHRIN BRAUN

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