Amman – Angesichts der wachsenden Not der Menschen im Gazastreifen nimmt Deutschland seine Entwicklungszusammenarbeit mit dem UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNWRA) wieder auf. Das gab Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) nach einem Gespräch mit UNWRA-Generalkommissar Philippe Lazzarini in der jordanischen Hauptstadt Amman bekannt. „Israels Kampf gilt ja der Hamas, aber die Palästinenserinnen und Palästinenser sind nicht die Hamas“, sagte Schulze. Nach dem Überfall auf Israel waren Gelder für Entwicklungsprojekte – insgesamt 71 Millionen Euro – blockiert worden. Nun werden sie noch um 20 Millionen aufgestockt.
Lazzarini lobte den Schritt und wiederholte die Forderung der Vereinten Nationen nach einer humanitären Waffenruhe. Die Hilfslieferungen mit wenigen Lastwagen über den ägyptischen Grenzübergang Rafah seien nicht ausreichend. Er sagte: „Wir müssen den Trend der Belagerung umkehren, sonst wird die Belagerung zu einem der Hauptgründe dafür, dass Menschen im Gazastreifen sterben.“
Der Termin mit Lazzarini ist nur eines von mehreren nicht ganz einfachen Treffen, die Schulze in Amman absolviert. Am Dienstag spricht sie auch mit Ministerpräsident Bisher Al-Khasawneh. Er hat Stunden zuvor die israelische Regierung gegen sich aufgebracht mit der Aussage, Versuche, Palästinenser aus dem Gazastreifen oder dem Westjordanland zu vertreiben, oder Bedingungen, das vorzubereiten, werde das Königreich als „Kriegserklärung“ betrachten. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Petra berichtet, sagte er, die „brutalen Angriffe auf Krankenwagen und humanitäre Hilfskräfte“ im Gazastreifen widersprächen „dem Prinzip der Selbstverteidigung“. Eine gemeinsame Pressekonferenz mit Schulze und Al-Khasawneh gibt es – auf Wunsch der Jordanier – nicht.
Als die Entwicklungsministerin in einer Rede beim Besuch des künftigen Deutsch-Jordanischen Zentrums für Arbeitsmobilität die „Solidarität“ der Jordanier bei der Aufnahme von „Flüchtlingen aus Nachbarstaaten“ lobt, zucken einige der jordanischen Regierungsvertreter zusammen – vielleicht weil sie die Warnung des Regierungschefs vor einer Vertreibung von Palästinensern nach Jordanien noch im Ohr haben.
Schulze sagt, der Regierungschef habe die Bedeutung der Arbeit von UNWRA und einer Zwei-Staaten-Lösung betont. Da sei man sich einig. In einem anderen Punkt aber nicht, sagt Schulze. Die Bundesregierung sei sich sicher, dass sich Israel an internationales Recht halte. „Die jordanische Regierung sagt, dass das, was an Leid an der Zivilbevölkerung jetzt schon sozusagen sichtbar ist, dass das nicht mehr vereinbar ist mit dem, was das Völkerrecht sagt.“ Schulze fügt hinzu, man habe „etwas unterschiedliche Einschätzungen.“
Die Massenflucht palästinensischer Zivilisten aus dem nördlichen Teil des Gazastreifens hält unterdessen an. Israelischen Berichten zufolge flohen gestern etliche Bewohner mit weißen Fahnen in der Hand in den Süden. Die Armee hatte zuvor ein neues, vierstündiges Zeitfenster für die Flucht der Zivilbevölkerung in den Süden veröffentlicht. Zuletzt hatte es Berichte gegeben, wonach es zu Explosionen auf der Fluchtroute gekommen sein soll. Unklar war zunächst, von wem sie ausgingen. Israels Armee und die Hamas beschuldigen sich gegenseitig.