Berlin – Die Bundesregierung will den Strompreis für die Wirtschaft durch eine Steuerreform drücken. Geplant ist unter anderem eine deutliche Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe und eine Ausweitung der bisherigen Strompreiskompensation für Konzerne, die besonders unter hohen Strompreisen leiden.
Allein im nächsten Jahr bedeute das eine Unterstützung von bis zu 12 Milliarden Euro, so Bundeskanzler Olaf Scholz. Konkret vereinbarten Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), dass die Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz von 0,05 Cent pro Kilowattstunde fallen soll. Derzeit liegt sie bei rund zwei Cent pro Kilowattstunde. Unternehmen des produzierenden Gewerbes konnten allerdings schon bisher einen reduzierten Satz von 1,537 Cent pro Kilowattstunde geltend machen. Von der Senkung profitieren nicht nur große Industriekonzerne, sondern auch der Mittelstand.
Rund 350 Konzerne, die besonders im internationalen Wettbewerb stehen und unter den hohen Strompreisen leiden, sollen zusätzliche Hilfen erhalten. Die bestehende Strompreiskompensation soll für fünf Jahre verlängert und ausgeweitet werden. Das betrifft unter anderem Firmen der Stahl- und Zementbranche. Im Wirtschaftsministerium erwartet man, dass sie im kommenden Jahr nur noch einen Strompreis von 6 Cent pro Kilowattstunde zahlen müssen. Das entspricht Habecks Vorschlag von einem Industriestrompreis.
Eine weitere Entlastung hatte das Bundeskabinett vor Kurzem beschlossen: So will die Bundesregierung einen Zuschuss zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten von bis zu 5,5 Milliarden Euro zahlen. Das soll am Ende auch den Strompreis dämpfen. Netzentgelte sind Gebühren für die Nutzung von Strom- und Gasnetzen, die an die Verbraucher weitergegeben werden. „Für relevante Teile der sehr energieintensiven Betriebe gibt es über das Zusammenspiel der Instrumente eine wettbewerbsfähige Lösung“, sagte Habeck. Lindner betonte, auch der Mittelstand profitiere. Alle Maßnahmen seien im Rahmen der Schuldenbremse finanzierbar.
In der bayerischen Wirtschaft wertet man das Stromsteuerpaket als richtig, aber ungenügend. „Zwar gibt es wirksame Maßnahmen insbesondere für große Industriebetriebe, die grundsätzlich zu begrüßen sind“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. „Für Unternehmen außerhalb der Industrie und für Verbraucher sind keine neuen Entlastungen vorgesehen.“ Auch ändere sich durch die Steuersenkung nichts am grundlegenden Problem, dem knappen Angebot. „Und zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien, der die Preise senken könnte, trägt die Steuersenkung nichts bei“, erklärte er gegenüber unserer Zeitung.
In der Industrie kommt das Paket der Bundesregierung weitgehend gut an. Der Branchenverband BDI begrüßte die Entlastung in der Breite – und besonders für die energieintensiven Unternehmen. Leider sei ihr Kreis mit 350 Betrieben aber sehr eng gewählt, „wodurch viele Unternehmen und auch Zukunftstechnologien außen vor bleiben“. Das Handwerk warnte, wichtige energieintensive Branchen fielen durch das Raster, weil sie formal nicht zum produzierenden Gewerbe gehörten – etwa Textilreinigungen und Autowerkstätten. Ob und wie die Strompreise subventioniert werden sollen, ist unter Ökonomen umstritten. com/dpa