„Unser Bier lassen wir uns nicht schlechtreden“

von Redaktion

INTERVIEW Bayerns neue Tourismusministerin über Corona-Knick, Wiesn und Steuer-Ärger

Tourismus auf Wanderschaft – die Zuständigkeit für die riesige Branche wechselt vom Wirtschafts- ins Agrarministerium. Jetzt ist Michaela Kaniber (CSU) Bayerns erste richtige Tourismusministerin. Kommende Woche legt sie ihre Pläne vor. Wir haben schon mit der 46-Jährigen aus Bad Reichenhall gesprochen.

In mehreren Zeitungen stand zu lesen: Aha, Tourismusministerin sei nun „die Wirtstochter“. Fanden Sie das herablassend?

Nein, das empfinde ich als Ehrentitel. Diese Branche ist eine Leitökonomie, sie ist Zentrum der bayerischen Kultur und Bayerns Aushängeschild in der Welt. Und hier im Ministerium schließt sich der Kreis: Landwirtschaft, Gastronomie und Tourismus gehören in Bayern untrennbar zusammen.

Wollen Sie den Tourismus offensiver politisch im In- und Ausland vertreten als Ihr Vorgänger Aiwanger?

Unbedingt. Bayern legt bei den Touristen-Ankünften aus aller Welt stark zu, gleichzeitig machen viele unserer Bürger im Inland Urlaub, entdecken unseren Freistaat neu. Deshalb ist dieses Ministerium wichtiger denn je. Natürlich ist es unverzichtbar, Bayern als Ministerin auch auf der Leitmesse ITB in Berlin zu vertreten. Das ist bedauerlicherweise in den letzten Jahren etwas stiefmütterlich behandelt worden.

Zahlen zeigen: Die Corona- Krise ist überwunden, oder freuen wir uns zu früh?

Wir stehen aktuell fast schon wieder gleichauf mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 – es geht aufwärts. 12,85 Millionen Gäste sind heuer angekommen. Ja, ich würde sagen: Dieser Knick ist ausgebügelt.

Viel davon geht auf die ausländischen Gäste zurück. Ist Ihr Appell nun auch: Bayern, macht mehr Urlaub in Bayern?

Auch das. Corona hat uns allen die Wertigkeit der eigenen Heimat gezeigt. Viele haben die Ruhe und Sicherheit bei uns im Alpenraum gesucht. Das wird auch jetzt noch zunehmen – die weltpolitische Lage ist so, dass sich viele Urlauber entscheiden, nicht wegzufliegen. Das ist eine Chance für uns: Alles spricht für Urlaub in Bayern.

Die Gastro-Branche kämpft um die niedrigere Mehrwertsteuer. Wäre es nicht ehrlich zu sagen: Der Kampf ist verloren?

Nein! Meine erste Amtshandlung waren diese Woche zwei Briefe an Bundesfinanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck, an den sieben Prozent festzuhalten. Wer diese Branche stärken und erhalten will, darf nicht mit einer Steuererhöhung die mühsam erreichten Erfolge der letzten Monate kaputtmachen. Ich bin enttäuscht, wie schlecht ein FDP-Bundesfinanzminister rechnen kann: Es geht doch nicht um 3,3 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen. Es geht darum, die Branche vor einem steuerlichen Volldesaster zu bewahren, das ein Vielfaches an Wertschöpfung und Arbeitsplätzen kosten würde. Es geht auch darum, dass sich die Gäste das Essen in der Gastronomie noch leisten können. Ich hoffe, die Ampel stellt nicht auf stur.

Der 2. Bürgermeister in München nannte die Wiesn die „weltweit größte offene Drogenszene“. Wie findet das die Tourismusministerin?

Das war eine bodenlose Frechheit, die Kriminalisierung von Millionen fröhlichen Besuchern. Es war ein peinlicher Versuch, der Legalisierung von Cannabis und anderen Drogen das Wort zu reden. Bier ist Lebensmittel, Genuss und auch ein großes Stück Kultur in Bayern. Das lassen wir uns nicht von den Grünen schlechtreden.

Interview: Chr. Deutschländer

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