Es ist doch noch gar nicht so lange her, als sich die deutschen Parlamente bemühten, vom Hort der Langeweile wieder zum Ort der politischen Debatte zu werden. Bundes- und Landtage kündigten an, sich ihre Rolle von den Talkshows zurückzuholen. Mit dem Erstarken der AfD hat sich das Problem verlagert und verschärft. Jetzt ist die schlimmere Angst (oder: Erfahrung), dass die Parlamente als Bühnen für Eklats und Eskalation missbraucht werden: die Demokratie als Kulissenbild für ihre Feinde.
Das lässt sich eindämmen. Bundestagspräsidentin Bas will die Strafen gegen Pöbler radikal anheben, „2000 Euro und mehr“. Gut so. Gerade Bayern erlebt seit 2018, wie die AfD systematisch die bisher zahnlosen Regeln (in diesem Fall im Landtag) ausnutzt. Rügen sammelt sie wie Ehrentitel, Abgeordnete verhöhnten mit Gasmaske am Rednerpult die Corona-Regeln, absehbar folgen werden weitere Ausfälle mit Nazi-Vokabular. Dringend brauchen die Sitzungsleiter eine Handhabe dagegen. Ja – um die atemberaubend gut alimentierten Abgeordneten davon abzuschrecken, müssen es hohe, schmerzhafte Geldstrafen sein. Bayern, das für sich gerade einen Rahmen entwickelt, sollte nicht mit dreistelligen Minisümmchen anfangen. Es geht nicht um Gehorsam in den Parlamenten, sondern im Gegenteil darum, sie arbeitsfähig zu halten, auch um gegenüber der dominanten Exekutive wieder mehr Macht zu haben.
Christian.Deutschlaender@ovb.net