Asyl-Politik soll Europawahlkampf prägen

von Redaktion

CSU nominiert Weber als Spitzenkandidaten – Söder fordert Bürgergeld-Kürzung für Kalifat-Fans

München – Dass die beiden in Wahrheit nicht die engsten Freunde sind, verbergen sie an diesem Tag perfekt. Markus Söder greift sich die Hand von Manfred Weber und drückt sie fest, er lässt ihm das letzte Wort beim Auftritt vor den Kameras und murmelt zwischendurch leise, aber vernehmbar: „Sehr gut.“

Der CSU-Chef und sein Vize schließen für die kommenden Monate eine Art Burgfrieden. Weil eine Wahl ansteht: Weber ist am Montag einstimmig vom CSU-Vorstand als Spitzenkandidat für die Europawahl im Juni 2024 nominiert worden. Es ist eine sehr schwierige Wahl angesichts der erstarkten AfD, wachsenden Unmuts über Brüssel und des Formtiefs der Volksparteien. Da sollen die Chancen des 51-jährigen Niederbayern nicht durch interne Reibereien und Rivalität gemindert werden. Söder lobpreist ihn deshalb als den „einzigen Bayern, der in Brüssel was bewegt“.

Was zu bewegen ist, sind sich beide einig: Die Migrationspolitik wird auch ein Schwerpunktthema des Europawahlkampfs sein. Weber macht Druck, dass Europa bis Juni sichtbar etwas zum Besseren bewegt haben muss: „Können wir zeigen, dass wir umsetzen, liefern, Zahlen reduzieren?“ Deutsche und europäische Migrationsabkommen mit Nordafrika seien ein Schlüssel dazu, sagte er. Bei Tunesien, wo er im August selbst vor Ort war und Druck machte, habe das gewirkt.

Klar ist: Die CSU will keinen Anti-EU-Wahlkampf führen wie teilweise 2014 mit Peter Gauweiler, der die Kommission als „nackte, dumme Kaiser“ verspottet hatte. Oder wie die AfD heute. Weber sagt: „Strauß, Waigel, Kohl, Adenauer haben dieses Europa aufgebaut. Wir werden nicht zulassen, dass die AfD es kaputt macht.“ CSU-Forderungen an Brüssel sollen in einer eigenen „Bayern-Agenda“ formuliert werden.

Söder ergänzt das auf bayerischer und Berliner Ebene mit einem schärferen Kurs gegen illegale Migration. Heute trifft sich sein neues Kabinett in München erstmals und soll sofort Beschlüsse fassen, um eine Bezahlkarte für Flüchtlinge (statt Bargeld) auf den Weg zu bringen. Sie soll im Frühjahr startklar sein. Zudem gibt es verpflichtende Sprachstands-Tests bei der Einschulung. Er verschärft auch seine Forderungen an die Bundesregierung – und bietet an, im Bundestag mitzustimmen. Der CSU-Chef will Extremisten effektiver und schneller abschieben. Vor allem greift er Antisemiten an sowie jene Demonstranten in NRW, die vergangene Woche ein „Kalifat“ in Deutschland, also einen islamischen Gottesstaat, forderten. „Es braucht prioritäre Turbo-Abschiebungen für Menschen, die sich für ein Kalifat einsetzen“, sagt Söder. Diese Leute dürften auch keine deutschen Doppel-Pässe mehr haben. Und: Er fordert, ihnen das Bürgergeld deutlich zu kürzen.

Die Personalie Weber ist in der CSU unstrittig. Ein Parteitag am 25. November wird die weitere Liste dann reihen. Plan: Hinter Weber sollen Angelika Niebler, JU-Chef Christian Doleschal, Monika Hohlmeier und Markus Ferber antreten; diese fünf Plätze gelten als realistisch. Gegen Ferber könnte es allerdings, so ist zu hören, Kampfkandidaturen geben. Bis Platz 10 soll auch der umtriebige Ex-Abgeordnete Bernd Posselt aus München eingereiht werden.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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