Portugal: Staatsanwälte im Zwielicht

von Redaktion

Premier Costa stürzte über eine „Verwechslung“ der Ermittler

München – Der Korruptionsskandal in Portugal, der zum Rücktritt von Ministerpräsident António Costa geführt hat, entwickelt sich zum Justizkrimi. Die Staatsanwaltschaft, die für die Ermittlungen gegen den portugiesischen Ex-Premier zuständig ist, musste eine schwerwiegende Verwechslung einräumen. Der angebliche Beweis dafür, dass der sozialistische Premier in mutmaßliche Korruptionsfälle bei der Vergabe von Lizenzen für Lithiumbergwerke und andere Großprojekte verstrickt sein soll, beruht auf der fehlerhaften Abschrift eines abgehörten Telefongespräches.

Dort war nicht – wie behauptet – von Premier António Costa die Rede, sondern von Wirtschaftsminister António Costa Silva. Die Ermittler hatten den zweiten Nachnamen einfach nicht in die Transkription übernommen.

Costa war wegen der Ermittlungen zurückgetreten. Der konservative Staatspräsident Marcel Rebelo de Sousa hatte daraufhin das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 10. März angesetzt. Costa wies in seiner Rücktrittserklärung alle Vorwürfe zurück.

Die Staatsanwaltschaft hatte Razzien in 42 Objekten, darunter zwei Ministerien, durchgeführt. Fünf Personen wurden verhaftet, darunter Costas Kabinettschef Vitor Escária. Sie mussten inzwischen alle wieder freigelassen werden, weil das Gericht keine Hinweise für strafrechtliches Verhalten sah und die Haft als „unverhältnismäßig“ bewertete.

Der Politikwissenschaftler José Adelina Maltez von der Uni Lissabon spricht vom „Monster des Rechtsapparats“ und von „einer unkontrollierten Staatsanwaltschaft“, die übliche Lobbyarbeit zur kriminellen Korruption aufgebauscht habe.

Auch die Ex-Leiterin der Staatsanwaltschaft Cândida Almeida beklagt „eine schwerwiegende negative Verbindung zwischen Justiz und Politik“.  KR

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