Die Gegenoffensive bringt nicht den erhofften Erfolg, Gaza drängt das weltweite Interesse am Krieg in der Ukraine in den Hintergrund: Eigentlich hat Kiew derzeit genug Probleme. In dieser schwierigen Situation kommt jetzt auch noch ein Machtkampf zwischen Wolodymyr Selenskyj und dem ukrainischen Oberbefehlshaber Waleryj Saluschnyj ans Licht. Der Präsident warnt seinen Top-Militär unverblümt vor politischen Ambitionen. Und er stellt klar, dass die Regierung das Sagen hat. Die Tatsache, dass Selenskyj dieses Primat der Politik ausdrücklich betonen muss, zeigt jedoch, dass er nicht mehr alle Zügel in der Hand hat. Schon vorher gab es Berichte, wonach Saluschnyj den Sprengstoffanschlag auf die Nordstream-Gaspipelines befohlen haben soll – ohne Wissen Selenskyjs! Dann kam Saluschnyjs viel beachtetes Interview, in dem er eine „Pattsituation“ im Krieg mit Russland feststellte. Der Präsident widersprach seinem Militär-Chef öffentlich. Saluschnyj war es, der mit trickreichen Strategien die russische Armee zurücktrieb.
Deshalb wird er in der Ukraine verehrt wie ein Popstar. Eine Umfrage ergab, dass der General die Präsidentenwahl gewinnen würde, falls er in die Politik gehen würde. Insofern könnte der Oberbefehlshaber eine Schlüsselfigur sein, falls es zu Verhandlungen mit dem Kreml kommen sollte. Der Haken ist nur: Putin wird nicht verhandeln, wenn er bei den Ukrainern Schwäche wittert! Der Machtkampf in Kiew ist für Putin deshalb nur ein weiterer Anreiz, bis zum „totalen Sieg“ zu kämpfen.
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