Für mindestens 50 Geiseln, vor allem Kinder, endet ein Albtraum – und für die Menschen in Gaza tut sich die Chance einer lebenswichtigen Verschnaufpause auf. Aus humanitärer Sicht ist die Einigung zwischen Israel und der Hamas ein Erfolg und nicht zuletzt das Ergebnis großen Drucks der Geisel-Angehörigen und der israelischen Verbündeten – auch der USA. Das Risiko liegt dabei zweifelsohne auf der Seite Israels. Trotzdem darf man annehmen, dass die Regierung in Jerusalem bei den Verhandlungen nicht Getriebene war, sondern den Zeitpunkt einer begrenzten Feuerpause wenn nicht für günstig, dann für vertretbar hielt.
Natürlich wird die palästinensische Terrororganisation versuchen, sich in den nächsten Tagen bestmöglich neu zu sortieren, zerrüttete Kommandostrukturen wiederaufzubauen, Material-Nachschub zu organisieren. Wie sichergestellt werden soll, dass zum Beispiel anstehende Treibstoff-Lieferungen nicht in die falschen Hände geraten, ist offen. Bei aller berechtigten Sorge vor einem Wiedererstarken darf man aber nicht vergessen, dass Israels Truppen die Strukturen der Hamas in den letzten Wochen empfindlich getroffen haben. Rund 400 Tunnel will man zerstört, führende Militärs ausgeschaltet haben. Ob ein paar Tage Feuerpause den Terroristen ausreichen, um sich entscheidend neu aufzustellen, darf man zumindest bezweifeln.
Der Krieg, so viel ist klar, wird nach Ende der Feuerpause weitergehen, Israels unbedingtes Ziel bleibt die Zerstörung der Hamas. Die wird ihr abstoßendes Spielchen mit den verbliebenen Geiseln weiterspielen. Der jetzige Deal ist nur eine kurze Zwischenstation in einem Drama, für dessen Beendigung es bisher leider keinen Plan gibt.
Marcus.Maeckler@ovb.net