VON GEORG ANASTASIADIS
Weil die Bahn bei den Tarifverhandlungen nicht wie gewünscht spurt, verschärft Claus Weselsky jetzt noch mal den Ton: Bahnkunden kündigt der Chef der Lokführergewerkschaft vor Weihnachten den bislang „härtesten Arbeitskampf“ an. Die von der Bahn angebotenen elf Prozent mehr Gehalt für die Mitarbeiter reichen ihm nicht. Er will ein dreiviertel Jahr vor seinem Ruhestand sein Lebenswerk als Gewerkschaftsboss krönen – indem er auch die Verringerung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich durchdrückt.
Selten zuvor ist ein Arbeitskampf so aus der Zeit gefallen, waren Forderungen so maßlos und unfair: Während das Land immer tiefer in die Staatskrise rutscht, das Geld hinten und vorne fehlt, setzt der GDL-Chef auf Maximalforderungen. Warum? Weil er es kann. Weil er die Macht hat, Millionen Bahnkunden als Geiseln zu nehmen und in Deutschland alle Räder stillstehen zu lassen.
Der Egoismus einer Nischengewerkschaft wird so zum Symptom für die Krise einer taumelnden Regierung und eines ganzen Landes, in dem alle immer weniger arbeiten, aber mehr verdienen wollen. Jetzt wäre Kompromissbereitschaft auf allen Seiten gefragt und nicht der Versuch, überzogene Forderungen auf dem Rücken von Millionen Bahnkunden und Steuerzahlern durchzudrücken, koste es, was es wolle. Der Staat und seine Bahn dürfen dieser Erpressung nicht nachgeben.
Georg.Anastasiadis@ovb.net