VON MIKE SCHIER
Der spektakuläre Kollaps des österreichischen Milliardärs René Benko hinterlässt in der Münchner Innenstadt erschreckende Spuren. Verwaiste Baustellen und leer stehende Gebäude-Kolosse, in deren Eingängen Obdachlose schlafen, prägen rund um den Stachus das Bild. Das ach so reiche und schöne München wird viele Jahre an dieser gescheiterten Gigantomanie zu knabbern haben.
Doch es geht um mehr als den Fall Benko. Vielmehr sollte sich Deutschland insgesamt fragen, ob der Größenwahn bei Bauprojekten noch zeitgemäß ist. Nehmen wir die Bahn: Mit „Stuttgart 21“ wollte das Unternehmen die ultimative Zukunftsvision Wirklichkeit werden lassen. Heute wäre keiner mehr so verwegen, die Jahreszahl in den Namen aufzunehmen. „Stuttgart 23“ ist jedenfalls immer noch eine Großbaustelle. Nicht besser sieht es am Münchner Hauptbahnhof aus, den man gleich noch mit der irgendwann mal fertigen S-Bahn-Stammstrecke und einer noch in den Sternen stehenden U9 koordinieren will. Die nächste Gigabaustelle, mit der die Münchner und zehntausende Pendler noch viele Jahre leben müssen – mindestens bis 2031, Tendenz eher länger.
Das Ende der Goldgräberstimmung am Bau erzwingt einen Mentalitätswechsel, auch der öffentlichen Hand. Erst recht, nachdem Karlsruhe vergangene Woche – Überraschung! – entschied, dass selbst Steuermittel endlich sind. Deshalb ist es richtig, wenn der Freistaat beispielsweise die Größenordnung des Konzertsaals überprüft. Auch privaten Investoren sollte man genauer auf die Finger schauen. Projekte müssen in erster Linie realistisch sein. Nicht futuristisch.
Mike.Schier@ovb.net