Karlsruhe – Auf einem von emotionalen Auftritten und Selbstvergewisserung geprägten Parteitag haben die Grünen ihre Parteivorsitzenden, Ricarda Lang und Omid Nouripour, im Amt bestätigt. Die rund 800 Delegierten ermöglichten dem Führungsduo damit am Freitag in Karlsruhe eine weitere zweijährige Amtszeit – wenn auch nur mit mäßigen Resultaten.
Lang (29) holt auf dem für Frauen reservierten Platz ohne Gegenkandidatin nur 82,3 Prozent der Stimmen, immerhin ein besseres Ergebnis als bei ihrer ersten Wahl im Januar 2022 mit 76 Prozent. Nouripour (48) setzt sich gegen den Außenseiter-Kandidaten Philipp Schmagold aus Schleswig-Holstein durch. Er erhält 79,1 Prozent der Stimmen. Die mit Stimmgeräten durchgeführte Wahl der Parteispitze sollte noch beim Parteitag in Karlsruhe mit Stift und Zettel bestätigt werden, Ergebnisse am Samstag vorliegen. Nouripour schneidet etwas schlechter ab als beim letzten Mal: Er hatte 2022 zunächst 82,6 Prozent bekommen. Damals hatte er zwei Gegenkandidaten. Die politische Bundesgeschäftsführerin Emily Büning wird mit 83,3 Prozent der Stimmen wiedergewählt, deutlich schlechter als bei ihrer vorigen Wahl (88,4 Prozent). Ihre Position entspricht der eines Generalsekretärs bei anderen Parteien – sie ist aber eher eine Frau der leisen Töne.
Bemerkenswerter als der Inhalt der ersten Debatten über Haushalt und Israel-Politik ist vielleicht, was in Karlsruhe nur am Rande gestreift wird: Der Knatsch in der Ampel, das laut Demoskopen geschrumpfte Wählerpotenzial für die Grünen, völkerrechtliche Fragen zum Gaza-Krieg und die Gründe für den Höhenflug der AfD. Erstaunlich für eine Partei, die sich gern für ihre Diskussionswut und lebendige Streitkultur feiert. Stattdessen gibt es viel Gefühl und Balsam für die Parteiseele in Zeiten mäßiger Umfragewerte von rund 15 Prozent, weit unter den öffentlich formulierten eigenen Ambitionen.
Lang warnt ihre Parteifreunde in ihrer Bewerbungsrede davor, sich mit einem Platz in der Nische zu begnügen. Sie mahnt: „Wir müssen den Menschen zugewandt bleiben, so wie die Menschen sind.“ Nouripour betont insbesondere die gute Zusammenarbeit mit Lang. Auf eine Frage nach der Stimmung in der Ampel-Koalition räumt er ein: „Wir haben zu viel Streit.“ MARTINA HERZOG