Die FDP murrt – auch über ihren Chef

Merz ist der Profiteur von Lindners Abstieg

von Redaktion

VON GEORG ANASTASIADIS

Dass Christian Lindner das noch erleben darf! Der Bundesfinanzminister und böse Ampel-Bube hat, wenn auch unter Zündung etlicher verbaler Nebelkerzen, für das Haushaltsjahr 2023 die „Notlage“ erklärt und die Schuldenbremse gekippt – und kann sich seither kaum noch retten vor der neu erwachten Zuneigung seiner roten und grünen Koalitionsfreunde. Das üppige Lob ist freilich vergiftet: Der FDP-Chef zahlt mit seiner bröckelnden Autorität als vermeintlich strenger Kassenwart den Preis dafür, dass SPD und Grüne sich mit dem Sparen Zeit lassen können.

Lindners Entscheidung ist für 2023 angesichts der nötig gewordenen Energiepreisbremsen vertretbar, doch könnte sie für die FDP noch zum tödlichen Dammbruch werden – dann nämlich, wenn die Ampelpartner daraus den Schluss ziehen, sie könnten das Spiel 2024 wiederholen und sich weiterhin fidel an der Schuldenbremse des Grundgesetzes vorbeitricksen, nach dem Motto: Irgendeine Krise ist immer – wozu also sparen? Dann bräuchte die FDP zur nächsten Wahl gar nicht mehr anzutreten. Schon jetzt wachsen die Irritationen in der liberalen Partei über ihren biegsamen Vorsitzenden – sein Vize Wolfgang Kubicki widerspricht ihm bereits öffentlich.

Je tiefer der Stern des FDP-Chefs im bürgerlichen Lager sinkt, desto heller strahlt der des Oppositionsführers Friedrich Merz. Der CDU-Vorsitzende galt in der Union lange als umstritten. Als Kanzlerkandidat konnten sich viele besser den charmanteren und auch grün-kompatibleren Hendrik Wüst vorstellen. Das war, bevor Deutschland seine zweite, die finanzpolitische Zeitenwende, erlebte und das Staatsschiff in schwere See geriet. Jetzt ist klar: Bei der nächsten Bundestagswahl sucht Deutschland nicht mehr den nettesten Schwiegersohn – sondern einen neuen Bismarck, einen, der mit Wirtschaftskompetenz und wo nötig auch mit Härte das Staatsschiff sicher durch den Sturm steuert.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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