VON MARCUS MÄCKLER
Ihr Glück rührt nicht nur Israel, es rührt jeden fühlenden Menschen. Endlich, nach fast 50 Tagen in der Gewalt der islamistischen Hamas, sind einige Geiseln frei, physisch zumindest. Was die letzten Wochen seelisch mit ihnen angerichtet haben, all das Unaussprechliche, tritt im Moment noch zurück hinter der Erleichterung, die man auch aus großer Ferne teilt. Letztlich ist es so: Das Schicksal der befreiten Kinder, Mütter, Alten fällt mit dem des Landes zusammen. Sie leben – Israel lebt.
Keine Frage: Es ist ein Entlastungsmoment für ein Land, das schwere Zeiten durchlebt, aber eben auch nur dies: ein Moment. Zu viele Geiseln sind noch in der Gewalt der Terroristen. Und im Rahmen der Feuerpause, die bis dato hält und nicht allzu lange mehr währt, stellen sich neue Fragen: Was muss passieren, um auch die anderen Geiseln freizubekommen, welchen Preis ist man bereit, zu zahlen? Kann der Krieg mit gleicher Härte weitergeführt werden? Muss er es sogar angesichts der berechtigten Vermutung, dass die Hamas gerade alles daransetzt, sich zu restrukturieren? Das sind nicht nur strategisch, sondern auch moralisch schwierige Fragen, denn die – von der Hamas gewollten und provozierten – Opfer auf palästinensischer Seite lassen sich nicht wegdiskutieren. Und der internationale Druck auf Israel wächst.
Hamas zu zerschlagen heißt nicht, den Hass zu besiegen: Die Bilder der im Tausch freigelassenen palästinensischen Häftlinge, die am Wochenende unter Hamas-Flaggen feierten, zeigen das. Trotzdem: Seit dem 7. Oktober fehlt jede Basis, um sich eine Zukunft Israels und Gazas vorzustellen, in der die Hamas eine Rolle spielt. Sie so zu schwächen, dass sie bestenfalls gar nicht mehr aufsteht, dürfte für Israel ein Leitziel bleiben.
Marcus.Maeckler@ovb.net