CDU-Streit über Schuldenbremse

von Redaktion

Was hinter dem Zoff zwischen Merz und dem Berliner Bürgermeister Wegner steckt

München – Das waren noch Zeiten. Am 13. Februar steht Kai Wegner neben Friedrich Merz im Konrad-Adenauer-Haus. Es ist der Morgen nach der Berlin-Wahl, die der Hauptstadt wieder einen CDU-Bürgermeister beschert. „Und zuallererst möchte ich, lieber Friedrich, dir danken“, beginnt Wahlsieger Wegner. Gemeinsam habe man die Kampagne getragen. Motto: „Berlin feiern – Senat feuern“. Wegner flötete zu Merz: „Ich fühlte mich vom ersten Tag an getragen und unterstützt. Dankeschön!“

Neun Monate später ist von dieser Harmonie nicht mehr viel übrig. Merz und Wegner tragen ihre Meinungsverschiedenheiten offen aus. Auf der ganz großen Bühne. Wer es noch nicht mitbekommen hatte, horchte am Dienstag in der Haushaltsdebatte im Bundestag auf, als Merz Wegner öffentlich rüffelte: „Die Entscheidungen werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin.“ Der CDU-Chef war gerade in Fahrt, weil er sich so über die Regierungserklärung des Kanzlers geärgert hatte. Da bekam der Parteifreund auch etwas ab. Die „Ampel“ brauche sich „keine Illusionen“ zu machen, dass sie einen Keil in die Union treiben könne. „Wir werden an der Schuldenbremse des Grundgesetzes festhalten.“ Bereits zuvor hatte Merz geätzt, es gebe in der CDU nur „einen Ministerpräsidenten – oder besser gesagt: Bürgermeister“, der das anders sehe.

Was ist passiert? Wegner hatte sich als erster CDU-Regierungschef für die Reform der Schuldenregeln im Grundgesetz ausgesprochen. Ende vergangener Woche folgten Reiner Haseloff und Michael Kretschmer, Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Sachsen – in Tonlage und Akzentuierung aber deutlich vorsichtiger. Dagegen bekam Merz Unterstützung aus seiner Bundestagsfraktion und von Markus Söder. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagt, man habe Wegners Ansichten zur Kenntnis genommen, aber er und Merz seien sich als Fraktionsführung einig.

Doch Wegner gibt nicht klein bei. Via „Stern“ stellte er inhaltlich noch einmal klar: „Die Reform der Schuldenbremse für Zukunftsinvestitionen ist dringend erforderlich.“ Als kleinen Gruß an Merz legte er noch nach: „Im Übrigen freue ich mich als Regierender Bürgermeister, wenn Berlin im Bundestag eine so große Aufmerksamkeit erfährt.“

Wegner argumentiert: Jeder Bürger, der ein Haus baue, und jeder Unternehmer, der in neue Maschinen investiere, nutze bei langfristigen Investitionen Kredite. Das müsse auch für die öffentliche Hand gelten. Eine Schule, in der 20 Jahre unterrichtet werde, könne mit Krediten über diese Dauer bezahlt werden. „Ohne Investitionen bröckeln nicht nur unsere Straßen, Schienen und Schulen, ohne Investitionen bröckelt die Zukunft unseres Landes.“ Die Schuldenbremse als Zukunftsbremse.

Doch geht es Wegner wirklich nur um die Sache? In der Unionsfraktion gibt es Zweifel. Vielleicht habe der Regierende Bürgermeister festgestellt, dass er nach einem halben Jahr im Amt bundesweit noch nicht so recht wahrgenommen werde, sagt einer aus der Fraktion. „Jetzt will er Öffentlichkeit für sich erzeugen.“ Die Schuldenbremse sei nur das Vehikel. MIKE SCHIER

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