Gericht verurteilt Ampel zu mehr Klimaschutz

von Redaktion

Bundesregierung muss mit Sofortprogrammen auf Defizite im Verkehr und bei Gebäuden reagieren

Berlin – Dieses Klima-Urteil könnte fast jeden im Land berühren – wenn es denn umgesetzt wird. Auf eine Klage von Umweltverbänden hin hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Bundesregierung zu Sofortprogrammen für die Sektoren Verkehr und Gebäude verurteilt, um die Klimaschutzziele bis 2030 zu sichern. Denkbar wären etwa ein Tempolimit, die Streichung von Steuervorteilen für Diesel oder Dienstwagen oder eine neue Sanierungswelle für Gebäude. Lauter Streitthemen für die Ampel, die kurz nach dem Karlsruher Haushaltsurteil noch tiefer in die Klemme gerät.

Ihr bleibt nach dem Berliner Klima-Urteil zwar noch der Weg in die nächste Instanz vor das Bundesverwaltungsgericht. Das brächte erst mal Aufschub. Aber ob SPD, Grüne und FDP sich einig werden, das Berliner Urteil anzufechten, ist offen. Vor allem die Grünen wollen schnelleren Klimaschutz.

Das gültige Klimaschutzgesetz schreibt für jeden Sektor jährliche Ziele zur Senkung der Treibhausgase vor. Werden diese in einzelnen Sektoren verfehlt, muss das jeweils zuständige Ministerium mit einem Sofortprogramm gegensteuern. 2021 und 2022 wurden die Ziele für Verkehr und Gebäude gerissen. So weit besteht Konsens.

Das Oberverwaltungsgericht stellte nun fest, dass die Bundesregierung mit zusätzlichen Maßnahmen entgegenwirken muss, um die Klimaziele für die Jahre 2024 bis 2030 sicher zu erreichen. Die Vorsitzende Richterin legte in der mündlichen Begründung dar, dass die Regierung zwar im Oktober 2023 als Reaktion auf die zu hohen Emissionswerte ihr Klimaschutzprogramm ergänzt habe. Aber: „Bei Sofortprogramm und Klimaschutzprogramm handelt es sich um zwei unterschiedliche Instrumente.“ Das Sofortprogramm sei als konkrete Reaktion auf eine Zielverfehlung vorgesehen, um die Erfüllung der Ziele in den folgenden Jahren sicherzustellen, sagte die Richterin.

Die Lage ist kompliziert, weil die Ampel im Frühjahr verabredet hatte, genau die jetzt vor Gericht umstrittenen Klauseln zu ändern. Künftig sollen nicht mehr für jeden Sektor Jahresziele verpflichtend sein. Wenn etwa im Verkehr Vorgaben verfehlt werden, sollen im Folgejahr keine Sofortprogramme mehr fällig werden. Vielmehr soll nur noch die Einhaltung der Gesamtziele beim Klimaschutz zählen. Festgelegt ist, die Treibhausgase bis 2030 um 65 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken. Erreicht wurde im vergangenen Jahr gut 40 Prozent.

Die Reform des Klimaschutzgesetzes ist noch nicht beschlossen und umstritten. Bereits bei der ersten Lesung hatten Politiker von SPD und Grünen Einwände erhoben. Nun könnte die Novelle wackeln. Die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum sagte: „Ein neues Klimaschutzgesetz kann es nur mit gründlichem und bestandenem Rechts-TÜV geben.“ Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar drängte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), die geforderten Sofortprogramme vorzulegen. A. HOENIG/V. SCHMITT-ROSCHMANN

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