Berlin/München – Der Haushalt für 2024 bringt die Ampel an den Rand des Scheiterns. Mit komplett gegenläufigen Positionen sind am Wochenende SPD, Grüne und vor allem FDP aufeinandergeprallt. „Die SPD fightet, dass es kein Sparhaushalt wird, dass nicht die Ärmsten die Leidtragenden sind“, verkündete Generalsekretär Kevin Kühnert. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner rückt indes genau die Sozialausgaben in den Fokus der Spar-Ideen.
Lindner nannte den Sozialbereich als einen von drei großen Kostenblöcken, mit denen sich die Ampel beschäftigen müsse – neben internationalen Finanzhilfen sowie nicht näher spezifizierten Förderprogrammen. Für Soziales setze der Bund aktuell 45 Prozent seiner Ausgaben ein. Man müsse da „treffsicherer werden“. Es gehe darum, Menschen schneller in Arbeit zu bringen. Das nutze ihnen und dem Haushalt.
Größter Kosten- und Streitpunkt ist das Bürgergeld. Lindner will die geplante satte Erhöhung um 12 Prozent ab Januar nachberechnen lassen. Er wies darauf hin, dass sich die Inflationsrate wesentlich besser entwickelt als prognostiziert. Die Inflation war im November auf 3,2 Prozent gesunken – die geplante Erhöhung basiert noch auf 9,9 Prozent. Noch deutlicher wird Bayerns FDP-Chef Martin Hagen: „Es kann nicht sein, dass wir in Zeiten knapper Kassen und mit der niedrigsten Inflation seit 2021 das Bürgergeld um zwölf Prozent anheben.“ Das sei „der arbeitenden Bevölkerung nicht vermittelbar und muss gestoppt werden“.
SPD und Grüne rütteln bisher nicht an ihrem Hartz-IV-Nachfolger. Die FDP findet jenseits der Ampel aber Mitstreiter. CSU-Chef Markus Söder fordert offen eine Neukonzeption und ein Verschieben der Erhöhung. CDU-Chef Friedrich Merz stimmte am Sonntagabend ein. In der ARD sagte er, das Bürgergeld sende keine Anreize zum Arbeiten. Er warb für eine Senkung; im Gegenzug könne für Arbeitslose in den ersten Monaten die Leistung sogar steigen. Auch Merz fordert, für weitere Ukraine-Flüchtlinge das Bürgergeld zu sperren. Hierzulande arbeiteten zu wenige dieser Flüchtlinge.
Im November hatte sich auch die Ex-Linke Sahra Wagenknecht klar gegen das Bürgergeld positioniert. „Ich glaube, es ist ein falscher Ansatz“, sagte sie. „Jemand der jung ist, ja, da finde ich, kann man schon erwarten, dass der sich auch sehr aktiv um Arbeit bemüht.“
Kommt die Ampel da noch zusammen? Der Zeitdruck ist hoch. Innerhalb der nächsten Tage muss die Koalition sich einigen – wenn sie den Haushalt für 2024 noch in diesem Jahr beschließen will. Bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch müsste es eine politische Grundsatzeinigung geben, damit noch genug Zeit für das parlamentarische Verfahren bleibt. Vom 8. bis 10. Dezember findet in Berlin der SPD-Parteitag statt. Für eine schnelle Lösung spricht: Vizekanzler Robert Habeck lässt seine für Dienstag geplante Dubai-Reise platzen.
Möglich ist auch, dass es erst vor Weihnachten eine Grundsatzeinigung gibt, der Haushalt dann erst Anfang nächsten Jahres vom Parlament verabschiedet wird. Falls nicht mal das klappt, wird es rau. Die SPD plädiert inzwischen offen dafür, für 2024 nochmals eine „Notlage“ auszurufen, um Schulden machen zu können. Lindner lehnt das bisher ab: Er sei „noch nicht davon überzeugt“, dass man das verfassungsmäßig tragfähig begründen könne.