„Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“: Wolodymyr Selenskyjs legendäre Absage an eine Flucht nach dem Überfall Russlands machte den ukrainischen Präsidenten zum Helden. Seine täglichen Mutmach-Videobotschaften an die Ukrainer wurden selbst von den Oppositionspolitikern gelobt, die Selenskyj eigentlich in inniger Feindschaft verbunden sind.
Doch mit dem Kriegsglück wendet sich auch die politische Lage in Kiew. Die Kritik am Präsidenten wird lauter – und gipfelte jüngst in Klitschkos hartem Vorwurf, dass das Volk über die Realität an der Front angelogen werde. Der Kiewer Bürgermeister beteuerte gleichzeitig zwar, dass es mitten im Krieg keine „Grabenkämpfe“ geben dürfe. Aber das Ringen um die Macht hat längst begonnen. Eine Wahl unter Kriegsbedingungen fordert zwar (noch) niemand. Die Frage, wie dabei mit dem von Putin annektierten Donbass umgegangen werden sollte, ist nur eines der Probleme, die solch eine Wahl unter russischem Raketenhagel schwierig machen. Doch die politischen Gegner Selenskyjs bringen sich in Stellung – wie eben auch Klitschko, der aber landesweit längst nicht so populär ist, wie es in Deutschland erscheint. Selenskyjs gefährlichster Gegner ist der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj. Gut möglich, dass der Militär dem US-Weltkriegsgeneral Eisenhower nacheifert, der vom Kriegshelden zum US-Präsidenten wurde.
Klaus.Rimpel@ovb.net