Vertrauensvotum für das SPD-Führungsduo

von Redaktion

Parteitag beginnt harmonisch, doch am Samstag könnte es für den Kanzler ungemütlich werden

Berlin – Es ist der unsichtbare Elefant im Raum: Während die Haushaltskrise seit Wochen die Schlagzeilen bestimmt, hielten sich die Delegierten der Kanzlerpartei SPD auf dem Parteitag am Freitag auffällig zurück. Kaum Angriffe gegen den Ampel-Partner FDP, der zuletzt Sozialleistungen infrage gestellt hatte. Auch der Kanzler kam zunächst glimpflich davon. Dafür sendeten die Delegierten ein starkes Zeichen der Rückendeckung für die Führungsriege der Partei. Saskia Esken und Lars Klingbeil wurden mit guten Werten als Parteichefs bestätigt, Generalsekretär Kevin Kühnert fuhr sogar das drittbeste Ergebnis aller SPD-Generalsekretäre ein.

Der 34-Jährige erhielt 92,55 Prozent der Stimmen. Dabei hatte es in der SPD durchaus die Befürchtung gegeben, er könne stellvertretend für Kanzler Olaf Scholz abgestraft werden.

Klingbeil erhielt auf dem Bundesparteitag 85,6 Prozent der gültigen Stimmen und damit nur etwas weniger als 2021 mit 86,3 Prozent. Esken kam mit 82,6 Prozent auf ein deutlich besseres Ergebnis als vor zwei Jahren (76,7). Angesichts der Krisenstimmung und der miserablen Umfragewerte der SPD ist das ein deutliches Vertrauensvotum.

In den ersten beiden Jahren ihrer Amtszeit sahen Esken und Klingbeil ihre Aufgabe vor allem darin, Olaf Scholz als erstem SPD-Regierungschef seit 16 Jahren im schwierigen Dreier-Bündnis mit Grünen und FDP den Rücken zu stärken. Krachende Wahlniederlagen in Hessen und Bayern, Unzufriedenheit mit dem Ampel-Kurs in der Migrationspolitik und zuletzt die Haushaltskrise haben allerdings Unruhe in die Partei gebracht.

Auf dem Parteitag wird klar: Die SPD-Spitze richtet ihren Blick längst auf die nächste Bundestagswahl. In ihren Reden attackierten Esken und Klingbeil so offensiv den politischen Gegner, als seien sie selbst in der Opposition. Esken warf der CDU politischen Vandalismus vor. „Mit dieser Merz-CDU haben wir wahrhaftig die populistischste Opposition aller Zeiten“, sagte sie.

Im nächsten Jahr stehen die Europawahl, drei Landtagswahlen in Ostdeutschland und mehrere Kommunalwahlen an. Die große Frage dabei ist: Setzt sich der Höhenflug der AfD und der gleichzeitige Absturz der Ampel fort, der durch die aktuelle Haushaltskrise noch verstärkt wurde? Die SPD kommt in den jüngsten Umfragen zur Bundestagswahl nur noch auf 14 bis 17 Prozent – im Vergleich zu 25,7 Prozent bei der Wahl 2021.

Gegen die Union punkten will die SPD mit Steuererhöhungen für Superreiche und einer Lockerung der Schuldenbremse. Die Delegierten nahmen nach langer Debatte einen Leitantrag an, der zudem steuerliche Entlastungen für 95 Prozent der Bevölkerung verspricht. Die Bürger mit den höchsten Vermögen sollen mit einer einmaligen Krisenabgabe zur Kasse gebeten werden. Außerdem sollen Erbschaften und Schenkungen höher besteuert werden, sodass sich Multimillionäre und Milliardäre stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen.

Am Samstag wird Scholz zu den 600 Delegierten sprechen. Die, so hat man den Eindruck, fühlen sich am Tag davor zum Stillhalten gezwungen. Bloß nicht die Verhandlungen der Ampel-Spitzen torpedieren. Dabei ist die Stimmung geladen – vor allem seit dem „Spiegel“-Titel mit dem Scholz-Zitat „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“. Der Regierungskurs beim Thema Migration geht dem linken Parteiflügel ziemlich gegen den Strich. M. FISCHER/T. MÜNCH

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