Heute beginnt mit dem Bau der Stromautobahn Suedostlink das wahrscheinlich wichtigste Infrastruktur-Projekt Bayerns. Denn der Freistaat rühmt sich zu Recht, Spitze bei der Solarkraft zu sein – aber die wird die Nachfrage an rund 7000 Stunden im Jahr nicht decken können. Wenig überraschend: Nachts und im Winter ist es häufig dunkel. Genau hier liefert Windkraft (besonders am Meer) aber die meisten Laststunden – eine tolle Ergänzung.
Diese Erkenntnis hat sich nach vielen Jahren auch bei den Erzfeinden der Stromautobahnen durchgesetzt. Hubert Aiwanger forderte kürzlich in einer 180-Grad-Wende gar eine dritte Trasse für den Windstromimport. Der Gesinnungswandel dürfte auf dem Unmut der bayerischen Wirtschaft fußen. Denn ohne die „Monster-Trassen“-Proteste 2014 wäre die Leitung seit 2022 fertig. Dass solche Verzögerungen ein Problem sind, zeigt die Statistik.
Allein im ersten Quartal 2023 wurde wegen fehlender Trassen und Speicher rund 2200 Gigawattstunden Offshore-Windstrom abgeregelt. Damit hätte man über 730 000 Haushalte ein Jahr lang versorgen und die Strompreise senken können. Gleichzeitig muss Strom für Bayern meist teuer aus Gas und Wasser erzeugt werden. Wegen dieses Gefälles prüfen EU-Wettbewerbshüter gerade die Teilung Deutschlands in unterschiedliche Strompreiszonen. Investoren fürchten dieses Risiko, nicht umsonst haben die jüngsten Ansiedlungen energieintensiver Industrie in Nord- und Ostdeutschland stattgefunden, wo die Windkraft rasant wächst. Für Bayern ist der föderale Stromhandel deshalb die große Chance, im Spiel zu bleiben. Besonders im Freistaat muss es jetzt heißen: Volle Segel für Windkraft, Speicher und Netze.
Matthias.Schneider@ovb.net