Geiselberichte: „Jeder Tag ist wie die Hölle“

von Redaktion

VON SARA LEMEL

Tel Aviv – Nach ihrer Freilassung aus der Gewalt der islamistischen Hamas haben Israelis die Umstände ihrer Geiselhaft beschrieben. „Jeder Tag dort ist wie die Hölle“, erzählte die 21-jährige Mia Regev in einem Video, das am Samstagabend bei einer Solidaritätskundgebung für die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln in Tel Aviv gezeigt wurde. Sie habe ständig „schreckliche Angst“ gehabt und nachts kaum geschlafen. Wegen einer schweren Beinverletzung bei der Entführung musste sie nach ihrer Freilassung operiert werden.

Ihr Bruder Itai (18) berichtete, er sei 54 Tage Geisel der Hamas gewesen: „Jeder Tag fühlt sich an wie eine Ewigkeit.“ Die 72-jährige Adina Mosche, nach 49 Tagen freigelassen, erzählte, viele ihrer älteren Freunde seien immer noch Geiseln. „Sie sind alt, haben schwere Krankheiten und keine Medikamente.“

Viele forderten, alles zu unternehmen, um auch die Freilassung der verbliebenen Geiseln zu bewirken. „Bis sie zurückkommen – und mein Herz ist noch dort – kann ich mich auch nicht wirklich erholen“, erzählte Mosche. Sie forderte, der Freilassung Priorität vor militärischen Einsätzen zu geben.

Nach israelischen Informationen werden noch 138 Geiseln festgehalten. Ein 25-jähriger Mann wurde jetzt nach Angaben der Geiselfamilien getötet. Das Forum der Familien sowie der Ortschaft Kibbuz Beeri, aus der der junge Mann stammte, teilten dies mit. Der Student war am 7. Oktober verschleppt worden. Seine Großmutter und sein Bruder wurden bei dem Massaker ermordet.

Der bewaffnete Hamas-Arm hatte am Freitag ein Video veröffentlicht. Es zeigte den 25-Jährigen zunächst lebend. Am Ende ist eine blutige Leiche zu sehen. Die Kassam-Brigaden behaupteten, er sei bei einem Befreiungsversuch getötet worden. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hatte mitgeteilt, zwei Soldaten seien bei einem Einsatz zur Rettung von Geiseln schwer verletzt worden: „Wir haben bei dieser Operation keine Geiseln gerettet.“

In der südlichen Stadt Chan Junis, die als Hochburg der Hamas gilt, sowie in Dschabalia im Norden hat die israelische Armee ihre Angriffe fortgesetzt. Man habe inzwischen etwa 7000 Hamas-Terroristen getötet, sagte der Nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi dem Sender Channel 12. Israel macht Jagd auf Hamas-Chef Jihia al-Sinwar.

Sinwar soll sich kurz nach Beginn des Krieges in einem Hilfskonvoi in den Süden des Küstenstreifens abgesetzt haben, meldeten Zeitungen. Israels Armee ist dabei, öffentlich den Eindruck zu vermitteln, dass die Hamas ins Schwanken geraten ist. Armeesprecher Hagari erklärte, Terroristen und Hamas-Kommandeure, die sich ergeben haben, hätten ausgesagt, dass sich ihre Kämpfer in einer „schwierigen Lage“ befänden und die Hamas-Führung die „Realität leugnet“. Überprüfen lässt sich das nicht.

In der Nacht zum Sonntag kursierte ein Video aus dem nördlichen Gazastreifen im Internet, auf dem ein mutmaßlicher Hamas-Kämpfer zu sehen ist. Der Mann tritt aus einer Reihe Männer, die wie er nur mit Unterhose bekleidet sind, mit erhobener Waffe hervor und legt sie vor einem israelischen Soldaten nieder. Ähnliche Aufnahmen hatte es bereits in den vergangenen Tagen gegeben.

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