München/Berlin – Die offizielle Entscheidung traf die Partei an ihrem Geburtstag. Genau 75 Jahre nach Gründung der liberalen Partei beschloss der Bundesvorstand, den Mitgliedern in einer digitalen Abstimmung die Frage zu stellen: „Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ Antwortoptionen: Ja oder Nein. Das verkündete FDP-Vorstandsmitglied Christopher Gohl auf „X“.
Zurück geht das auf die unterschriebenen Anträge von mehr als 500 Mitgliedern, die auf Initiative der FDP Kassel im November in der Parteizentrale eingingen. Damit war das nötige Quorum aus der Satzung überschritten.
Die Abstimmung soll 14 Tage dauern und „schnellstmöglich“, so der Beschluss, beginnen. Das Ergebnis wird zwar kein bindendes Votum sein, könnte aber – bei negativem Ausgang für die Ampel – eine Menge Sprengkraft für die Koalition entwickeln. Das heißt, noch mehr als angesichts der bestehenden Etat-Streitigkeiten derzeit ohnehin besteht. Mühsam versuchen Führungsleute der Liberalen, zu Besonnenheit aufzurufen. „Mein fester Wille ist, dass wir weiter Bestandteil einer Bundesregierung sind, die weiter gestaltet“, sagt Fraktionschef Christian Dürr. „Die FDP möchte dieses Land gestalten“, sagt so ähnlich Minister Volker Wissing.
Parallel dazu laufen in Berlin die Krisenrunden zum Haushalt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sucht seit Wochen in vertraulichen Dreiergesprächen mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) nach einer Lösung. Scholz sieht Fortschritte. Vor Journalisten sagte er am Montag, wie gewohnt etwas umständlich: „Wir sind so weit vorangekommen, dass man sehr zuversichtlich sein kann, dass wir es auch schaffen werden, das Ergebnis Ihnen bald mitzuteilen.“ Der Etat sei eine „große Aufgabe“.
Zurückhaltender zeigt sich der Koalitionspartner FDP. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wollte sich nicht auf einen Zeitrahmen festlegen lassen: „Aus meiner Sicht ist die Gründlichkeit viel wichtiger als irgendwelche zeitliche Komponenten“, sagte er nach einer Präsidiumssitzung.
Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang wollte kein Zieldatum nennen. Sie sprach aber von „im Dezember noch“. „Je schneller die Lösung kommt, desto besser.“
Beim Haushalt gibt es einen Graben zwischen FDP und Rot-Grün. Erschwert wird das auch durch die fachliche Komplexität. Es gehe darum, nun auch detailliert in einzelne Haushaltstitel hineinzuschauen, sagte FDP-Mann Dürr im Deutschlandfunk. „Das ist Kärrnerarbeit, das dauert einfach ein bisschen.“ Im Haushalt müsse eine Lücke von 17 Milliarden geschlossen werden – „das ist stemmbar“, ergänzte er. Eine klare Absage erteilte die FDP der Forderung des SPD-Parteitags, höhere Steuern auf große Einkommen und Vermögen zu erheben. „Steuererhöhungen wären Gift“, betonte Djir-Sarai. „Das werden wir nicht zulassen.“
Auffällig: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will seine Reihe von Gesprächen mit Parteichefs fortsetzen. Für Donnerstagabend holt er laut „Bild“ den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zu einem vertraulichen Gespräch ins Präsidialamt. mm/afp