München – Die Erklärung, auf die das Land vier Wochen lang gewartet hat, dauert nur eine magere Viertelstunde. „Schönen Dank“, flötet Olaf Scholz (SPD) am Ende ins Mikro, bevor er, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sich hastig umdrehen und gehen. Hinter ihnen liegen Ausnahmetage und -nächte. Jetzt die Botschaft: Der Haushalt 2024 steht – die Ampel auch.
Sie war zäh, die Suche nach dem vielen Geld, das nach dem Urteil des Verfassungsgerichts im Haushalt fehlt: 17 Milliarden Euro im Jahr 2024 und 60 Milliarden insgesamt. Um ihre Ziele – vor allem den klimaneutralen Umbau des Landes – trotzdem halten zu können, will die Ampel nun an zahlreichen Stellschrauben drehen: sparen, kürzen und Einnahmen steigern. Vieles klingt dabei recht vage.
Sehr konkret: Um Geld in die Kassen zu spülen, soll die CO2-Steuer schneller steigen als geplant – von derzeit 30 auf 45 Euro pro Tonne ab nächstem Jahr. Heißt: Heizen und Tanken werden teurer. Der Liter Benzin etwa dürfte laut ADAC um zusätzlich 1,4 Cent, Diesel um 1,6 Cent teurer werden. Insgesamt verteuert sich Sprit damit um 4,3, beziehungsweise 4,7 Cent. Die Verbraucherzentrale NRW rechnet zudem vor, wie sich das Heizen in einem Einfamilienhaus (20 000 KWh jährlich) verteuern wird. Wer Gas nutzt, muss mit 51 Euro mehr rechnen, bei Öl fallen 95 Euro an. Weil ein milliardenschwerer Bundeszuschuss für Netzentgelte wegfällt, dürfte auch Strom mehr kosten – das Unternehmen 50Hertz rechnet mit 60 Euro pro Haushalt.
Dafür bleiben große Einschnitte im sozialen Bereich, etwa beim Bürgergeld, aus. Allerdings kündigt Finanzminister Lindner kryptisch an, 1,5 Milliarden Euro sparen zu wollen, indem man die „Treffsicherheit“ bei Sozialleistungen verbessert. So müsse etwa die Vermittlung von Ukraine-Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt besser werden. Was genau das heißt, sagt er nicht.
Weiteres Geld soll das Streichen klimaschädlicher Subventionen bringen, es geht um drei Milliarden Euro. Im Einzelnen soll Kerosin auf innerdeutschen Flügen besteuert werden, Landwirtschaftliche Betriebe müssen wohl auf steuervergünstigten Agrardiesel verzichten. Die Plastikabgabe an die EU – rund 1,4 Milliarden Euro – soll künftig von Produktherstellern selbst bezahlt werden; bisher kam der Steuerzahler auf. Zwar spart das Steuergeld, birgt aber die Gefahr, dass Plastikprodukte teurer werden, weil die Hersteller die Kosten umlegen.
Schmerzhaft vor allem für die Grünen: Die Förderung von E-Autos soll vor 2025 enden, auch bei der Solarenergie wird gekürzt. „Das tut mir weh“, sagt Klimaminister Habeck, es sei aber nötig. Einzelne Ministerien (Umwelt, Arbeit, Verkehr) sind ebenfalls zum Sparen aufgefordert.
Auch beim Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem Projekte der Energiewende finanziert werden, will man kürzer treten. 2024 soll er um 12,7 Milliarden Euro gestutzt werden, bis 2027 um 45 Milliarden. Teilweise handelt es sich um Umschichtungen. So soll das Geld für die Bahn-Modernisierung nicht mehr aus dem KTF kommen. Lindner will stattdessen Privatisierungserlöse aus „Bundesbeteiligungen nutzen, um die Bahn zu stärken“.
Unterm Strich will die Ampel so die Schuldenbremse ab 2024 wieder einhalten. Selbst die Ukraine-Hilfen sollen aus dem regulären Haushalt gezahlt werden, sagt Scholz, hält aber eine Hintertür offen. Sollte sich die Lage für Kiew verschlechtern, „werden wir darauf regieren müssen“. Das gelte auch, wenn andere ihre Unterstützung zurückfahren. In dem Fall schließt er ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse nicht aus. Eine Ausnahme von ihr soll zudem geprüft werden, um die Hilfen nach der Flut im Ahrtal weiter zahlen zu können.
Ob die vielen Hebel am Ende zusammenwirken, ist nicht gesagt. Zumal sich breiter Widerstand ankündigt. Die Sozialverbände murren wegen der Einsparungen im Sozialen, die Bauern wollen für den Agrardiesel kämpfen. Die Union klagt, die Ampel stopfe ihr Haushaltsloch durch Steuererhöhungen. Der Kompromiss sei ein reiner „Flickenteppich“, sagt CSU-Generalsekretär Martin Huber, ein „Klein-Klein.“ Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht viele Fragen offen. Es sei aber gut, „dass wir jetzt überhaupt Vorschläge haben werden, über die man reden kann“.