EU beschließt Beitrittsgespräche mit der Ukraine

von Redaktion

Gipfel in Brüssel: Bei der entscheidenden Abstimmung verlässt Ungarns Ministerpräsident Orbán den Raum

Brüssel – Die EU hat ohne den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán den Start von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und mit Moldau beschlossen. Orbán, ein Gegner dieses Schrittes, nahm am Donnerstagabend beim Gipfel nicht an der entscheidenden Abstimmung teil und ermöglichte so das positive Signal an die Beitrittskandidaten. Es sei mit Orbán besprochen gewesen, dass er den Raum verlasse, hieß es aus EU-Kreisen.

In einem Facebook-Video teilte Orbán mit, man habe sich acht Stunden aneinander abgearbeitet. Ungarn wolle diese falsche Entscheidung nicht mittragen. „Es ist eine völlig unsinnige, irrationale und falsche Entscheidung, unter diesen Umständen Verhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen“, so der Regierungschef.

Befürworter einer positiven Entscheidung verwiesen darauf, dass der Start von EU-Beitrittsverhandlungen ein symbolischer Schritt sei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wertete die Entscheidung als „starkes Zeichen der Unterstützung“ für das von Russland angegriffene Land. Er begrüßte auch die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Moldau. „Klar ist: Diese Länder gehören zur europäischen Familie.“ EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem „historischen Moment“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb bei X: „Ein Sieg, der motiviert, inspiriert und stärkt.“

Die EU-Kommission hatte den Start der Beitrittsverhandlungen im November grundsätzlich empfohlen, trotz noch nicht erfüllter Auflagen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte das damit, dass noch ausstehende Reformen auf den Weg gebracht seien. „Der Fortschritt, den wir in der Ukraine sehen, ist beeindruckend“, betonte sie. Sie sei der festen Überzeugung, dass dies die Ukraine auch in ihrem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg stärke.

Bevor die erste Verhandlungsrunde einberufen wird, muss einvernehmlich der Verhandlungsrahmen mit Regeln und Prinzipien für die Gespräche vereinbart werden. Ungarn könnte dabei theoretisch erneut mit Blockade drohen. Ob es auch hier eine Absprache mit Orbán gibt, ist unklar.

Ungeachtet davon dürften die Beitrittsverhandlungen viele Jahre dauern. Theoretisch kann ein Kandidat auch nie Mitglied werden. Als ausgeschlossen gilt ein Beitritt der Ukraine vor Kriegsende – unter anderem, weil Kiew dann militärischen Beistand einfordern könnte.

Vorwürfe, dass er mit der Blockade die wegen Rechtsstaatsdefiziten eingefrorenen EU-Mittel für sein Land freipressen wolle, wies Orbán zurück. „Es geht hier nicht um einen Handel. Es geht hier nicht um einen Deal.“ Ungarn stehe für Prinzipien. Derzeit sind noch rund 21 Milliarden Euro an EU-Geldern für Ungarn eingefroren. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission wegen vollzogener Justizreformen rund zehn Milliarden Euro freigegeben.

Neben der Ukraine und Moldau will die EU auch mit Bosnien-Herzegowina über einen Beitritt verhandeln. Abhängig bleibt dies aber von weiteren Reformschritten. Neu in den Kreis der Kandidaten wurde das an Russland grenzende Georgien aufgenommen.

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