Orbáns EU-Taktik

Erst Blockierer, dann Erpresser

von Redaktion

VON MARCUS MÄCKLER

Fast hätte man ihm danken müssen: Der Oberblockierer Viktor Orbán ermöglichte beim EU-Gipfel den Start von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine – indem er kurz mal den Raum verließ. Das schien wie ein seltener Anflug von Konstruktivität. Tatsächlich hat Orbán aber wenig gegeben und dafür (auch wenn Brüssel den Zusammenhang bestreitet) viel bekommen – nämlich die Freigabe von zehn Milliarden Euro. Er hat daraus seine Lehren gezogen.

Jetzt erpresst Orbán die anderen EU-Staaten, wie man es sonst nur von Kriminellen kennt. Sein Ja zur Ukraine-Hilfe will er nur gegen weitere EU-Milliarden geben. Besonders niederträchtig ist das, weil er die akuter werdende Überlebensfrage der Ukraine an einen – seinen! – politischen Gewinn knüpft. Anders als den EU-Beitritt braucht Kiew frisches Geld nämlich nicht irgendwann, sondern jetzt, um im Kampf gegen die russischen Invasoren durchhalten zu können. Orbán macht sich den existenziellen Druck zunutze – offen, kaltschnäuzig, ohne Scham. So handelt kein Europäer, so handelt ein Handlanger Putins.

Insofern markiert dieser Gipfel einen harten Bruch: Der Ungar hat den anderen EU-Staaten nach jahrelangem Ärger endgültig die Freundschaft gekündigt – sie sollten sich jetzt entsprechend verhalten. Heißt: Ukraine-Hilfen übergangsweise außerhalb des Haushalts aufbringen; Ungarn isolieren (rauswerfen geht nicht) und mit den Mitteln stellen, die zur Verfügung stehen – bis hin zur Suspendierung. Einen Feind im Inneren kann sich die EU nicht länger leisten – ein Feind von außen, Putin, ist wahrlich genug.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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