Freudloses Ende der Mali-Mission

von Redaktion

VON C. HOFFMANN, C. PETERS UND C. DEUTSCHLÄNDER

Berlin/Gao – Es sind herzliche Worte. Aber auch einige bittere. „Ich freue mich unbeschreiblich, Sie noch vor Weihnachten wohlbehalten und gesund zu Hause begrüßen zu dürfen“, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius den Soldaten. Aber auch: Viele fragten sich „Wozu das alles?“, am Ende gelte: „Wir hatten nicht den Erfolg, den wir uns gewünscht hatten.“

Mit einer kurzen, vergleichsweise ehrlichen Ansprache hat Pistorius am Freitagnachmittag das letzte Kontingent des Mali-Einsatzes, darunter viele Soldaten der bayerischen Gebirgsjägerbrigade 23, zu Hause empfangen. Der SPD-Minister sagt bei einem Appell in Wunstorf, die Bundeswehr dürfe stolz sein auf ihre Leistung, sie sei einsatzbereit. Aber er redet die Lage auch nicht schön. Denn die Mission in Mali endet mit, freundlich gesagt, sehr durchwachsener Bilanz. 4,3 Milliarden Euro Kosten. Drei gefallene Soldaten, zwölf verletzte. Und null Frieden.

Die Abreise nach mehr als zehn Jahren aus Afrika, aus dem geschützten Camp Castor der UN-Friedensmission Minusma, erfolgte eher nach der Maßgabe „nichts wie weg“. Der Blauhelm-Einsatz hat nach Anfangserfolgen – nachdem eine französische Eingreiftruppe den Vormarsch von Islamisten zurückgeworfen hatte – viele Erwartungen enttäuscht, nach denen bisherige Einsatzkonzepte so wohl nicht mehr auf den Tisch kommen.

Ein Hauptauftrag der Deutschen ist so ein Fall, wo guter Wille auf eine harte Realität prallte. Mit der Drohne Heron sollte die Bundeswehr Aufklärungsergebnisse über die Lage in dem von Terrorismus und Gewalt erschütterten Land für das UN-Hauptquartier generieren. Das ging so lange gut, bis ein Vertreter der malischen Militärmachthaber im Operationsraum sitzen konnte. Das Erstaunen, wie genau diese Drohnenbilder waren, sei groß gewesen – berichtete ein deutscher Offizier – es folgte ein Flugverbot für die Deutschen.

Die Sicherheitslage in der Sahelregion habe sich trotz erheblicher internationaler Unterstützung weiter verschlechtert, erklärt die Bundesregierung noch im April zu einem EU-Einsatz im benachbarten Niger. „Terroristische Gruppen konnten ihre Operationsräume auf weite Teile von Mali, Burkina Faso und teilweise auch Niger ausweiten. In der Folge hat auch die Bedrohung in den Grenzregionen der Sahelstaaten mit den Küstenstaaten spürbar zugenommen“, hieß es. Drei Monate später wurde auch im Niger geputscht.

Die Lage in Mali ähnelt wieder der von 2013 – nur schlimmer. Die neuen Militär-Machthaber wandten sich Russland zu, um aggressivere Unterstützung zu bekommen, als es europäische Partner boten. Offiziell schickte Moskau nur Militärausbilder – inoffiziell bis zu 2000 Söldner der Wagner-Privatarmee. Die Mali-Militärs begannen, europäische Soldaten mit Auflagen und Bürokratie zu schikanieren. Dschihadisten, die Al Kaida die Treue geschworen haben, rücken derweil längst wieder in das Zentrum des Landes in Richtung der Hauptstadt Bamako vor. Im Nordosten bringt ein Ableger der Terrormiliz IS Gebiete unter seine Kontrolle. Selbst vorsichtigen Erhebungen zufolge wurden allein in diesem Jahr fast 4000 Menschen in Mali getötet. Das Friedensabkommen, das Minusma überwachen wollte, ist beiderseits aufgekündigt.

„Die Lage hat sich in den zehn Jahren extrem verschlechtert. Minusma hat den Prozess entscheidend verlangsamt, das ist der entscheidende Punkt“, meint Christian Klatt, Büroleiter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako. „Sie haben es nicht aufhalten können, aber sie hatten auch nie das Mandat, es aufhalten zu können.“

„Dieser Tage werden Tausende arbeitslos, vielleicht Zehntausende verlieren ihre Lebensgrundlage, weil Projekte eingestellt werden. Es ist eine soziale Explosion“, warnt Ulf Laessing, der für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung das Regionalbüro Sahel leitet. „Es wird deutlich unsicherer werden, gerade in den großen Orten, wo Minusma war. Es wird mehr Unzufriedene geben, die sich potenziell Dschihadisten anschließen werden.“

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