München – Über Monate gingen die Proteste in Serbien. Der Unmut der Bevölkerung nach zwei Amokläufen im Mai war groß. Die Demonstrationen gegen Gewalt entwickelten sich zunehmend zu einer Kritik an der Regierung.
Praktisch zur Besänftigung hat der serbische Präsident Aleksandar Vucic Neuwahlen angesetzt. Am 17. Dezember stehen Parlaments- und Kommunalwahlen an. Obwohl Vucics Name nicht auf einem Wahlzettel steht, war er im Wahlkampfmodus. Die Abstimmung gilt als Referendum über seine Regierung.
Schon vor dem Wahltag gibt es aber Kritik an der Stimmabgabe. „Es gibt bereits so viele Unregelmäßigkeiten“, beklagt der ehemalige serbische Wirtschaftsminister Rade Basta gegenüber unserer Zeitung. Der Politiker forderte im März dieses Jahres als erstes Regierungsmitglied Sanktionen gegen Russland. Daraufhin musste Basta seinen Posten räumen.
Jetzt will er den EU-Beitritt forcieren. Doch seine Wahlliste wurde gar nicht erst zugelassen – „wegen unserer proeuropäischen und antirussischen Politik“, mutmaßt Basta. Serbien sitze auf drei verschiedenen Stühlen: China, Russland und die EU. Seine gegründete proeuropäische Bewegung wolle unter anderem die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China verringern und den russischen Imperialismus bekämpfen. „Serbien muss seine Außen- und Sicherheitspolitik zu hundert Prozent mit der EU synchronisieren, um EU-Mitglied zu werden“, fordert Basta. Doch zu den von Vucic kontrollierten Boulevardmedien kommen Korruption, soziale Ungleichheit und eine regierungsnahe Justiz hinzu. Für Basta ist klar: „Die aktuelle Regierung verfolgt keinen wirklichen EU-Beitritt.“ LEONIE HUDELMAIER