Washington/Berlin – Wegen der Auswirkungen des Gaza-Kriegs auf die Schifffahrt und den Welthandel zieht Israels Verbündeter USA mehrere Staaten zu einer neuen Militärallianz im Roten Meer zusammen. Die neue maritime Schutzgruppe ist ein Versuch, eine der weltweit wichtigsten Routen für die Schifffahrt und damit nicht zuletzt den Ölhandel zu schützen. Zehn Staaten bilden aktuell die Koalition. Deutschland gehört noch nicht dazu, hat aber am Dienstag einem „SZ“-Bericht zufolge grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, sich zu beteiligen.
Unter Führung der USA wollen sich Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, die Niederlande, Norwegen, Kanada, Bahrain und die Seychellen beteiligen. Ziel ist der Schutz der Schifffahrtsfreiheit, indem das Bündnis Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Schiffe im Roten Meer – etwa mit ballistischen Raketen und Drohnen – abwehren soll. Der Einsatz soll den Namen „Prosperity Guardian“ („Hüter des Wohlstands“) tragen.
Die Gruppe könnte noch deutlich wachsen. Vor allem eine mögliche Beteiligung von Ländern am Roten Meer wie Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien steht im Raum. Das neue Bündnis soll unter dem Schirm der bereits bestehenden „Vereinten Maritimen Streitkräfte“ (CMF) starten, der 39 Staaten angehören, darunter auch Saudi-Arabien, die Emirate und die Türkei. Gerade die arabischen Länder sind dabei aber teils in einer schwierigen Lage. Ägypten etwa teilt die grundsätzliche Forderung der Huthis – ein Ende von Israels Angriffen im Gazastreifen. Die Rebellen haben jedes Schiff, das israelische Häfen ansteuert oder von dort kommt ohne Hilfsgüter für die Palästinenser in Gaza, zum möglichen Ziel erklärt.
Zugleich scheint selbst die Zusage derjenigen Staaten, die nach Darstellung Washingtons zum Bündnis gehören, noch nicht sicher. So hat Spanien eine Beteiligung außerhalb von EU- oder Nato-Einsätzen abgelehnt. Aus Militärkreisen wurde darauf verwiesen, dass für einen Einsatz im Roten Meer eventuell die EU-Mission Atalanta gegen Piraten aus Somalia im Indischen Ozean eingeschränkt werden müsse. Die Piraten seien aber seit dem Beginn des Gaza-Krieges wieder aktiver geworden, was vermutlich kein Zufall sei.
Eine deutsche Beteiligung wird nach Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) derzeit geprüft. Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), befürwortet dies. Es sei „folgerichtig, dass sich zudem alle daran beteiligen, die davon abhängig sind, dass ihre Waren durch das Rote Meer geführt werden. Also auch deutsche und europäische Schiffe“, sagte Strack-Zimmermann. Erst am Donnerstag hatten die deutschen Reeder von der Bundesregierung und der EU Schutzmaßnahmen gefordert. Kurz darauf wurde ein deutsches Containerschiff von Huthi-Rebellen angegriffen.
Zugleich gibt es in der Ampel-Koalition auch zurückhaltendere Stimmen. SPD-Chefin Saskia Esken sagte, die Allianz sei „wichtig und notwendig, auch für Deutschland, auch für unsere Handelsbeziehungen“. Ein Bundestagsmandat sei aber nötig. Dieses ist grundsätzlich für alle bewaffneten Einsätze der Bundeswehr erforderlich.
Die zunehmenden Angriffe der Huthi-Rebellen auf Schiffe betreffen nicht nur die USA oder Israel. Die „Galaxy Leader“ zum Beispiel, die im November entführt wurde, war laut Berichten ein britisches, unter Flagge der Bahamas fahrendes Schiff, betrieben von einer japanischen Firma mit Besatzungsmitgliedern aus Bulgarien, Rumänien, der Ukraine, den Philippinen und Mexiko.